„Platz da!“ für neue Wohnideen – TH OWL Detmold zeigt, wie Leerstand Zukunft haben kann
Rund 19.000 Quadratmeter Leerstand gibt es als ungenutzte Fläche derzeit im Zentrum von Detmold. Wie kann daraus bezahlbarer und zukunftsfähiger Wohnraum entstehen? Mit dieser Frage beschäftigte sich die Ausstellung „Platz da! Bezahlbarer Wohnraum“ der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe (TH OWL) im ehemaligen Hotel Nadler.
„Bezahlbarer Wohnraum ist längst zu einer der dringendsten sozialen Fragen unserer Zeit geworden“, sorgt sich Prof. Sandra Bruns, Mitinitiatorin der Ausstellung „Platz da!“. „Immer mehr Menschen finden kaum noch Wohnungen, die sie sich leisten können, während gleichzeitig viele Gebäude leer stehen oder ungenutzt bleiben.“
Die Ausstellung, die vom 7. bis 14. Oktober im leerstehenden, ehemaligen Hotel Nadler in Detmold stattfand, widmete sich mit verschiedenen Aktionen, Vorträgen und Workshops dem Wohnungsproblem. Studierende der Detmolder Schule für Gestaltung, einem Fachbereich der TH OWL, präsentieren innovative Konzepte, wie leerstehende Gebäude umgenutzt werden können. Diese beinhalten Ideen zu neuen Wohnformen für Studierende bis hin zu gemeinschaftlichen Wohnprojekten.
„Unsere Studierenden haben sich intensiv mit leerstehenden Immobilien in Detmold beschäftigt, von der Bruchstraße über die alten Sinalco-Werke bis hin zum Temde-Gelände“, erklärt Professorin Stephanie Stratmann aus dem Lehrgebiet Konstruieren und Entwerfen. „Dabei ging es nicht nur um architektonische Ideen, sondern auch um soziale und ökologische Aspekte.“
In Modellen und Entwürfen wird gezeigt, wie bestehende Bausubstanz als Ressource genutzt werden kann, etwa durch modulares Wohnen in einer alten Fensterfabrik, flexible Gemeinschaftsräume oder durch Konzepte, die Arbeiten und Wohnen einander näherbringen. „Die Ausstellung soll Mut machen“, betont Professorin Bruns. „Wir wollen zeigen, dass bezahlbarer Wohnraum nicht zwingend neu gebaut werden muss, sondern durch kreative Umnutzung entstehen kann.“
Im Anschluss an die Präsentation dieser kreativen Projekte, möchten die Akteur:Innen nun in die Umsetzung kommen, um realen Wohnraum schaffen.
Flankiert wurde die Ausstellung von dem Begleitprojekt „UrbanPulse Detmold“, einem interdisziplinären Forschungsprojekt der Technischen Hochschule OWL, der Stadt Detmold und den Vereinen „Lippe im Wandel e. V.“ sowie „Lipper für Lipper@Asphaltexistenzler e. V.“. Über fünf Jahre hinweg soll hier erprobt werden, wie Leerstände verringert und neue Formen des gemeinschaftlichen Wohnens entwickelt werden können. Ein begehbarer Stadtplan mit Bauklötzen, die für jeweils 50 m² Leerraum stehen, verdeutlicht das Ungleichgewicht zwischen Potenzial und Bedarf. „Wir wollen mit Eigentümerinnen und Eigentümern ins Gespräch kommen und herausfinden, was sie davon abhält, ihre Gebäude wieder in Nutzung zu bringen“, erläutert Professorin Dr. Susanne Kost, Projektleiterin von „UrbanPulse Detmold“.
Die Ausstellungswoche wurde weiterhin von verschiedenen Workshops und Vorlesungen begleitet, wie zum Beispiel dem Dienstagsvortrag mit Architekt Van Bo Le-Mentzel. Er zeigt praktische Lösungen, begrenzten Wohnraum effizient zu nutzen und stellt seine Idee vor, Tiny-Wohnungen in Berlins Baulücken einzurichten. Einen weiteren Vortrag in diesem Rahmen hielt die Geisteswissenschaftlerin Dr. Franziska Meier. Neben ihrer Promotion wurde sie zur Expertin des sozial-ökologischen Bauens wurde und gründete sie das selbstverwaltete Studierendenwohnheim Collegium Academicum in Heidelberg.
Ein „Visionärer Abend“ im Rahmen der Ausstellung brachte Hauseigentümer:Innen, Architekt:Innen, Baugesellschaften, Juristen und potenzielle Investoren zusammen. In mehreren Pitches wurden einige Fragen von Studierenden und Immobilienbesitzern aufgeworfen. Aus den darauffolgenden Dialogen wurde deutlich, dass der Nutzbarmachung von Leerstand oft finanzielle Hürden, bürokratischer Aufwand und fehlende Initiative entgegenstehen. Im Rahmen von „Platz da!“ und „UrbanPulse“ sollen in Detmold künftig konkrete Pilotprojekte entstehen, in denen neue Wohnmodelle praktisch erprobt werden. Beispiele erfolgreicher Initiativen aus anderen Städten, wie die Genossenschaft „Unser Oberhof“ aus Bad Homburg oder die „ZukunftsRaum eG“ im Rhein-Main-Gebiet, zeigen, wie sich Bürgerinnen und Bürger aktiv in die Wiederbelebung urbaner Räume einbringen können. Häufig werden kooperative Wohn- und Finanzierungsmodelle entwickelt, um die Lasten auf viele Schultern zu verteilen und langfristig bezahlbaren Wohnraum zu generieren.
Auch das Kooperationsprojekt „wasser^plus OWL“, gefördert vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft NRW präsentierte sich im Rahmen von „Platz da!“. Es zielt darauf ab, die Wasserwirtschaft in Ostwestfalen-Lippe zukunftsfähig aufzustellen. Hintergrund sind Herausforderungen wie Klimawandel, demografische Veränderungen, Landnutzungswandel, technologische Neuerungen sowie verändertes Konsumverhalten insbesondere in ländlich geprägten Gebieten. Ziel ist es, über die vierjährige Projektlaufzeit Lösungsansätze zu Herausforderungen wie Extremwetterereignissen, Trinkwasserengpässen und anderen wasserwirtschaftlichen Herausforderungen zu entwickeln.
Die Ausstellung wurde von der Bachelor-Absolventin der Innenarchitektur Maren Oscenda gestaltet und
durch das PLATZ DA! Team von Prof.’in Sandra Bruns und Prof.in Stephanie Stratmann mit Carlotta Funnemann und Lilli Petzel unterstützt. In Kooperation wirkte das Team von „UrbanPulse Detmold“ durch Prof.’in Dr. Susanne Kost, Luisa Kappen und Frauke Hollmann mit.
Im Rahmen der Ausstellung wurde gleichnamige Magazin „Platz da! – Wohnraum für Studierende“ veröffentlicht. Es behandelt die Fragen: „Für wen ist die Stadt da und wer wird ausgeschlossen? Wie kann aus Leerstand eine Architektur des Miteinanders entstehen?“ Autorinnen des Magazins sind Prof. Sandra Bruns, Carlotta Funnemann, Lilli Petzel und Prof. Stephanie Stratmann. Einen Textbeitrag und große Unterstützung leistete Vizepräsidentin Prof.‘in Dr. Uta Pottgiesser. Das Forschungsprojekt wurde aus Zentralen Qualitätsverbesserungsmitteln der TH OWL gefördert.
Unterstützt wird das Projekt von Detmold 2035 e. V., Lippe Zirkulär, der Hochschulgesellschaft, Trinnovation OWL, Innovative Hochschule und dem Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR). Mit der Kombination aus Ausstellung, Forschung und Bürgerbeteiligung zeigen die Veranstalter:innen, dass Detmold das Potenzial hat, neue Wege hin zu einer lebendigen, sozialen und nachhaltigen Innenstadt zu gehen. Das Magazin können Sie über eine kurze E-Mail an sandra.bruns@th-owl.de bestellen (Kosten ca. 30 – 40,- €).
PM Detmolder Schule für Gestaltung / TH OWL



