Politik

Kreisvorstand stellt sich neu auf: Frischer Wind bei den Jusos Lippe

Ein Bericht von Dennis Liebing

Der Lipper Juso-Verband hat einen neuen Vorstand. Am 10.09.2022 wurde der bisherige Vorsitzende des Lemgoer Juso-Ortsverbandes Felix Rullmann zum Vorsitzenden des Juso Kreisverbandes Lippe gewählt. Als Stellvertreter fungieren in den kommenden zwei Jahren Torsten Rauch aus Lemgo und Lena Obermann aus Lage. Zudem gibt es noch sechs Beisitzer aus anderen Regionen Lippes. Wie der neue Vorstand in der Zukunft die Jusos Lippe führen will und welche zentralen Themen sich die neuen Vorsitzenden setzen, das haben sie uns in einem Gespräch erklärt.

Die Jusos haben in Lippe 203 Mitglieder, wovon rund 50 aus Lemgo kommen. Viele Mitglieder sind aber nur im „Stillen“ aktiv bzw. inaktiv, sodass sich beispielsweise in Lemgo nur um die 15 Mitglieder regelmäßig aktiv an der politischen Arbeit beteiligen.

Die vorwiegende Aufgabe des Juso Kreisverbandes ist es, die einzelnen Ortsverbände zu vernetzen, Kontakte zwischen den jeweiligen Mitgliedern und Arbeitsgruppen herzustellen, Ideen zu sammeln und auszutauschen sowie einen Rahmen für die politische Arbeit vorzugeben. Genau das funktionierte in den vergangenen Jahren während der Corona-Pandemie nicht in dem Maß, wie es sich der neue Juso-Vorstand vorstellt.

Während der Pandemie sind viele Diskussionen nur auf lokaler Ebene geführt worden. Auf Kreisebene wurden nur sehr wenige gemeinsame Entscheidungen getroffen, was auch daran lag, dass die Koordination des Kreisverbandes gefehlt hat. Laut Torsten Rauch sei die Arbeit des Kreisverbandes in den Pandemiejahren eingeschlafen, was vor allem an der fehlenden Möglichkeit für persönliche sowie auch spontane Treffen und persönliches Austauschen gelegen habe. Lena Obermann gibt zudem zu bedenken, dass viele Juso-Mitglieder schnell in andere SPD-interne Gremien integriert werden, sodass die Arbeit bei den Jusos oftmals auf der Strecke bleibt.

Dies soll sich nun, wenn es nach den neuen Verantwortlichen im Juso-Kreisvorstand geht, ändern. Der neue 1. Vorsitzende Felix Rullmann macht deutlich, dass es darum gehe, die Arbeit des Kreisverbandes und der Ortsverbände wieder besser zu koordinieren und dass sich die kommunalen Verbände gegenseitig unterstützen und besser kommunizieren müssen. Stellvertreter Rauch ergänzt, dass es zum Beispiel sinnvoll sei, Anträge in den jeweiligen Ortsverbänden gemeinsam zu entwerfen und einzubringen, damit die Arbeit, die man in die Erstellung der Anträge investiert, auch einen möglichst hohen Ertrag mit sich bringt.

Bei der Arbeit der Jusos gehe es nicht mehr nur darum, Wahlplakate aufzuhängen und Wahlkämpfe zu unterstützen. Rullmann macht deutlich, dass es darum gehe, Politik aktiv mitzugestalten und Anträge zu stellen. Wenn man als Juso-Kreisverband geschlossen auftrete und sich auf eine gemeinsame Position verständige, könne man sich beispielsweise, wie Torsten Rauch erläutert, auch einfacher gegen politische Entscheidungen stellen, die aus Sicht der Jusos falsch sind. Zudem sei es für den neuen Juso-Kreisvorstand wichtig, den Kontakt zu den lippischen SPD-Bundestags -und Landtagsabgeordneten zu intensivieren, um den Abgeordneten Aufgaben und Ideen aus dem Kreisgebiet auf die landes- bzw. bundespolitische Ebene mitzugeben sowie andererseits Eindrücke aus der Landes- und Bundespolitik zu bekommen.

Ein Problem, dass alle drei neugewählten Vorsitzeden der lippischen Jusos sehen, liegt darin, dass junge Menschen zu wenig in die politische Entscheidungsfindung eingebunden sind. Gerade bei Themen, die die Jugend betreffen, sollte auch unter 18-jährigen Gehör geschenkt werden. Gerade dies war in den vergangenen Jahren in Lemgo oftmals nicht der Fall. Als Beispiel wird hier die Debatte um den Vatertag in Lemgo genannt. Daher sei es wichtig, sind sich die Juso-Vorsitzenden einig, die politische Arbeit für junge Menschen verständlich zu gestalten und die Beteiligung dieser zu fördern. Die Menschen müssen merken, dass es die Möglichkeit gibt, selbst aktiv zu werden, um etwas zu verändern, anstatt sich nur über Probleme zu ärgern.

Wir haben Felix Rullmann, Lena Obermann und Torsten Rauch gefragt, welche politischen Themen für sie am wichtigsten sind und was sich ändern müsste, damit unser Kreis auch für die junge Generation lebenswert bleibt.

Für Lena Obermann ist es wichtig den Punkt Umweltschutz und soziale Aspekte in Einklang zu bringen und mehr in den Vordergrund zu stellen. Als Befürworterin des vor kurzem ausgelaufenen 9-Euro Tickets spricht sie sich für einen kostengünstigeren und, im Idealfall sogar kostenlosen, ÖPNV aus, um so die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs zu steigern und somit einen Beitrag in Punkto Umweltschutz zu leisten. Sie betont, dass eine günstige Nutzung des ÖPNV auch hinsichtlich des Aspekts der Bildung und im Hinblick auf die Möglichkeit, in den Urlaub fahren zu können, wichtig sei. Zudem fordert Obermann vergünstigte Tickets für Auszubildende. Dies begründet sie mit der Tatsache, dass Studenten das NRW-Ticket zur Nutzung des ÖPNV kostenlos bekommen (Anmerkung der Redaktion: Studenten müssen durch Zahlung des Semesterbeitrags auch für das NRW-Ticket und somit den ÖPNV zahlen). Dass Auszubildende dieses Ticket nicht bekommen, ist für Obermann auch nicht falsch, da diese sich durch ihr Gehalt eher ein Ticket für den ÖPNV leisten können. Dennoch spricht sich Obermann für einen kostengünstigeren ÖPNV für Auszubildende aus, um so Ausbildungen attraktiver zu gestalten.

Torsten Rauch schließt sich den Anliegen seiner Vorstandkollegin an. Zunächst betont er aber, dass sich die lippischen Jusos auch gegenüber den Juso-Arbeitsgruppen aus größeren Universitätsstädten und gegenüber dem Juso-Landesverband mehr Gehör verschaffen müssen, um auch die Probleme im eher ländlich geprägten Lippe ansprechen zu können. Die Themen und Probleme in Bielefeld seien ganz andere als beispielsweise in Lügde oder im Extertal. Hier schließt sich Rauch seiner Kollegin Obermann an, indem er einerseits einen günstigeren ÖPNV fordert, andererseits aber auch darauf hinweist, dass die Anbindungen an den ÖPNV in einigen Regionen so schlecht seien, dass für manche Menschen die Anbindung wichtiger sei als der Preis.

Ähnlich äußert sich auch Felix Rullmann. Er betont: „Es ist wichtig, ein offenes Ohr für alle zu haben“. Man müsse Aktivitäten für junge Menschen schaffen und fördern, um den lippischen Raum zu stärken, die Menschen zum Bleiben zu bewegen und Lippe vor Abwanderung in größere Städte im Ruhrgebiet, die beispielsweise über einen besseren und günstigeren ÖPNV verfügen, zu bewahren. Laut Rullmann gilt es, Bedingungen zu schaffen, damit man in Lippe auch in 20 Jahren noch gut leben kann. Felix Rullmann (30) ist der Auffassung, dass er sich in einem Alter befindet, in dem er sowohl die Interessen der Menschen, die sich gerade in Ausbildung oder Studium befinden und der etwas älteren Menschen, die der Vorsitzende beispielhaft als „Hauskauf-Generation“ bezeichnet, vertreten kann. Daher will Felix Rullmann sich im Sinne des Aufstiegsversprechens der SPD dafür einsetzen, dass sich „Menschen mit einem normalen Job und einem normalen Einkommen“ auch zukünftig einen Hauskauf leisten können. Diese sozialen Fragen löst man, worauf Juso-Vorstand Rullmann hinweist, aber nicht auf Kreisebene. In lippischen Städten wie Lemgo oder Lage ist es eher von Bedeutung, Anreize zu schaffen, dass Menschen in unseren lippischen Städten weiterhin leben möchten und Menschen auch von außerhalb nach Lippe ziehen möchten. Rullmann spricht hierzu beispielhaft vom Erhalt des Theaters und der Kinos.

Der Grundtenor, der sich in den Ausführungen aller drei Vorsitzenden durchgesetzt hat, ist, dass Jugendlichen und jungen Erwachsenen Gehör geschenkt werden muss und dass das politische Bewusstsein sowie das Interesse, sich politisch zu beteiligen, bei der jüngeren Generation gestärkt werden muss. Die jungen Menschen dürften nicht das Gefühl bekommen, nicht ernst genommen zu werden. Es gelte, mit der Jugend zusammen zu arbeiten und auch Angebote dafür zu schaffen, dass Positives und Negatives kommuniziert werden kann, um gemeinsam Ideen und Konzepte für die Zukunft zu entwickeln. Hier wollen die Jusos Lippe, auch in Zusammenarbeit mit anderen demokratischen Jugendorganisationen, als Ansprechpartner fungieren.

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