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‘Ganz Ohr sein‘ in der Stadtbücherei Lemgo wieder ein voller Erfolg

Lemgo. „Ganz Ohr sein“ und „Welttag der Bibliotheken“ – das gehört in Lemgo inzwischen zusammen. So auch am Freitag. Und wieder war der Zuspruch zu dieser Veranstaltung in der Stadtbücherei so groß, dass schon zehn Minuten vor Beginn alle Plätze besetzt waren. Was hatten Carolin Engels, Detlef Höltke und Gregor Schwarz als geladene Gäste zu erzählen, welche Bücher würden sie empfehlen?

Detlef Höltke konnte von einem absolut empfehlenswerten Übergang in die Pensionszeit berichten. In einer mehrwöchigen Fahrradtour nahm er Abschied von seiner Dienstzeit bei der Polizei und als er dann nach wieder nach Hause kam, kam es ihm vor,  als wäre es „nie anders gewesen“. Jetzt kümmert er sich als Vorsitzender des Vereins „Stolpersteine und Frenkel-Haus“ mit darum, dass dieser Teil der Lemgoer Vergangenheit nicht in Vergessenheit gerät. 53 dieser Steine mit Messingplakette liegen in Lemgo; gepflegt werden sie unter anderem von Schülerinnen und Schüler der Realschule sowie der Jugendfeuerwehr. Detlef Höltke erinnerte an die Entstehungsgeschichte der Steine durch den Künstler Gunter Demnig, der den ersten Stein vor dem Kölner Rathaus verlegte. Passend zu diesem Thema und zum nahenden November empfiehlt Höltke das Buch von Anna Haag: „Denken ist heute  überhaupt nicht mehr in Mode“. Ab Mai 1940 schaut Anna Haag ihren Mitmenschen „aufs Maul“ und schreibt ihre Beobachtungen in rund zwanzig Tagebücher, die sie natürlich verstecken muss: eigentlich „Pflichtlektüre“ für die heutige Generation.

Carolin Engels bräuchte man ja eigentlich nicht vorstellen, so bekannt ist das Lemgoer Urgewächs. Und genauso bekannt dürften auch ihre Kunstwerke in der Stadt sein, der Gedenkstein für Karla Raveh oder der Brunnen auf dem Waisenhaus-Platz. Nur nach dem Abitur war sie während der Lehrzeit für drei Jahr in Düsseldorf. Bei der Gesellenprüfung entschied sie sich für den Zweig Steinmetzin. Weil Bildhauerei da nur bedeutet hätte, dass sie eine andere Arbeit hätte kopieren „dürfen“. Das war nichts für sie: „Punktieren ist wie Zähneputzen“. Zu ihrer Meisterprüfung als Steinbildhauer-Meisterin, dazu gehörte eine freie Arbeit, musste sie noch einmal nach Königslutter. Natürlich gibt es manchmal Auflagen, bevor sie an die Gestaltung gehen kann – aber am liebsten arbeitet sei frei. Zusammen mit ihren Auftraggebern sucht sie den Stein aus und entwickelt ihre Ideen. Ihre Buchempfehlung: Ayla und der Clan der Bären. Wie ist das, wie erlebt man es, wenn man allein und hilflos in eine bis dahin fremde Kultur gerät? 

Was ist ein Leuchtturm-Kirchenmusiker? Gregor Schwarz, unter vielem anderen auch Organist an der Heilig-Geist Kirche in Lemgo, Kantor, Chorleiter und, und, ist auf jeden Fall einer und konnte Auskunft geben: im Erzbistum Paderborn sind das die Kirchenmusiker, die in pastoralen Verbünden oder Räumen in bestimmten Gemeinden kirchenmusikalische Arbeit leisten und für den jeweiligen Verbund oder Raum Ansprechpartner für Kirchenmusik sind. „Und Leuchtturm heißt es nicht, weil ich so strahle, sondern weil das Wirken weit ausstrahlen soll“, so Gregor Schwarze. Im Umkreis von achtzig Kilometern ist er der einzige hauptamtliche Organist, neben vielen ehren – und nebenamtlichen. Ganz klar, dass er sich natürlich auch mit den Kantoren der anderen Kirchen versteht: Musik kennt keine konfessionellen Grenzen. Leuchtturm auf ganz andere Art ist die Heilig-Geist Kirche aber durch ihre Orgelanschaffung 2023 geworden. Sie dürfte wohl die einzige sein, deren Gottesdienste durch eine historische Wurlitzer-Kinoorgel begleitet werden. Die kann man auch an besonderen Stummfilmabenden erleben, dann natürlich mit der Riesenpalette an Zusatzinstrumenten Glockenspiele, Fahrradklingel oder Autohupe. Seine Leseempfehlung: Oliver Buslau, Die 5. Passion. Eine Krimi um ein verschollen geglaubtes Bach-Manuskript, spannend und mit dem Flair eines Dan Brown-Thrillers, so der Musiker. 

Moderiert wurde der Abend von Elisabeth Webel, die nunmehr auch 1. Vorsitzende des Fördervereins ist. Ihre traurige Pflicht: zu Beginn des Abends musste sie an den jüngst verstorbenen Ehrenvorsitzenden Günther Dreier erinnern. Am Donnerstag wurde er beigesetzt. Aber auch eine erfreuliche Nachricht: es gibt wieder eine, wenn auch kleine Käse-Kiste, jetzt in Retzen. Und die großzügige Käse-Spende kam von dort.

Text und Foto: Berthold Jauch-Held

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Michael Pitt

Michael Pitt betreibt das Portal Mein-Lemgo im dritten Jahr. Er ist in Lemgo geboren und wohnt direkt am Marktplatz.
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