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Pressemitteilung der BfL-Bürger für Lemgo: Baumaßnahme Deichbrede BauGB oder KAG? – Ministerium prüft erneut

Lemgo, 20.08.2025 – Die Bürger für Lemgo (BfL) setzen sich dafür ein, dass endlich eindeutig geklärt wird, nach welcher Rechtsgrundlage der Straßenausbau „Deichbrede“ abgerechnet wird. Zur Diskussion stehen zwei völlig unterschiedliche Modelle:

  • Baugesetzbuch (BauGB):
    Kostenabrechnung bei der Ersterschließung einer Straße – die Anlieger müssten 90 %
    der Kosten tragen.
  • Kommunalabgabengesetz (KAG):
    Kostenabrechnung bei der Erneuerung einer Straße – die Anlieger werden nach aktuellem Ratsbeschluss überhaupt nicht belastet (0 % Kostenbeteiligung).

„Wir können den Anliegern derzeit nichts versprechen – aber wir wollen endlich klare Verhältnisse schaffen“, betont die BfL.

Hintergrund: Am 12.09.2022 beschloss der Rat einstimmig das Straßen- und Wegekonzept nach § 8a KAG NRW. Darin ist die Deichbrede ausdrücklich enthalten. Für die BfL und die Anlieger war damit klar: Abrechnung nach KAG, also keine Kostenbeteiligung für die Anlieger. Nun aber vertritt die Verwaltung die Auffassung, dass doch nach BauGB abgerechnet werden müsse – obwohl ein neuer Ratsbeschluss dazu fehlt.

Das von der BfL eingeschaltete NRW-Innenministerium sieht Klärungsbedarf und prüft den Fall nun erneut, nachdem die BfL sämtliche Beschlüsse und Unterlagen nachgereicht hat. Besonders kritisch sieht das Ministerium, dass ein gültiger Ratsbeschluss ohne neues Votum umgangen werden könnte.

Neben der juristischen Frage kritisiert die BfL auch die mangelhafte Information der Anlieger und den Bruch des Vertrauensschutzes. „Es geht nicht nur um Asphalt, sondern um Verlässlichkeit, Transparenz und eine faire Behandlung der Anlieger von der Deichbrede“, so die BfL.

Die BfL wird daher am 29.09.2025 im Haupt- und Finanzausschuss eine Anfrage stellen und am 06.10.2025 einen Antrag im Rat einbringen.

Die Anfrage der BfL:

Anfrage zur Sitzung des HFA am 29.09.2025

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,

Betreff: Beitragserhebung für die Straße „Deichbrede“ – Rechtsgrundlage, Status Straßen- und Wegekonzept, Verbindlichkeit von Ratsbeschlüssen

Sachverhalt:
Die Stadt Lemgo plant, die Straße „Deichbrede“ endauszubauen und die Anlieger zu 90 % der Kosten auf Grundlage der Erschließungsbeitragspflicht nach dem Baugesetzbuch (BauGB) zu beteiligen.

Am 12.09.2022 hat der Rat der Stadt Lemgo einstimmig das Straßen- und Wegekonzept nach § 8a Kommunalabgabengesetz NRW (KAG) beschlossen; die Deichbrede ist darin aufgeführt. Aus Sicht der Anlieger und auch der BfL-Bürger für Lemgo war damit für diese Straße eine Abrechnung nach den KAG-Regelungen vorgesehen. Darauf haben die Bürger vertraut.

Zum Zeitpunkt des Ratsbeschlusses erfüllte die Deichbrede zudem die in § 3 Abs. 4 AG BauGB NRW (in Kraft seit 2022) geregelten Voraussetzungen für den Ausschluss einer Beitragserhebung nach dem BauGB: Baubeginn mit Erschließungsabsicht liegt mehr als 25 Jahre zurück.

Die Aufnahme in das KAG-Konzept eröffnete nach damaliger Rechtslage Fördermöglichkeiten durch das Land NRW.

Nach aktuellem Stand ist vorgesehen, die Maßnahme dennoch nach BauGB abzurechnen. Begründet wird dies seitens der Verwaltung mit der zwischenzeitlichen Aufhebung des § 3 Abs. 4 AG BauGB NRW durch den Landesgesetzgeber – mit Rückwirkung. Der Ratsbeschluss vom 12.09.2022 wurde bislang nicht aufgehoben.

Fragen:

  1. Ratsbeschlüsse und Rechtsgrundlage
    • Gibt es einen Beschluss, der die Abrechnung nach BauGB statt KAG festlegt?
    • Wurde das Straßen- und Wegekonzept von 2022 formell aufgehoben?
  2. Vergleichsfälle
    • Beim „Alter Knick“ (2021 zunächst BauGB, dann KAG) – nach welcher Grundlage werden dort die Bescheide erstellt?
  1. Fördermittel
    • Gab es 2022–2024 Fördermittel nach KAG für die Deichbrede oder wurden Chancen verpasst?
    • Gibt es Fördergelder für das geplante „Muldensystem“?
  2. Information und Transparenz
    • Wurden Anlieger über den Wechsel der Abrechnungsgrundlage, Wegfall der Förderung und Beitragshöhe informiert?
    • Gab es 2024 offizielle Aussagen (z. B. im Ortsausschuss Voßheide), dass nach KAG — zumindest teilweise – abgerechnet werden könnte?
  3. Vertrauensschutz und Ministerium
    • Wie bewertet die Verwaltung den Vertrauensschutz der Anlieger im Hinblick auf den Ratsbeschluss 2022?
    • Wurde dieser Beschluss im Schriftverkehr mit dem Innenministerium erwähnt?
    • Teilt die Verwaltung die Einschätzung des Ministeriums: „Ob es richtig ist, einen Ratsbeschluss einfach zu übergehen, muss überprüft werden.“
  4. Kostenentwicklung und frühere Beiträge
    • Wäre eine frühere Umsetzung (z. B. 2018–2021) deutlich günstiger gewesen?
    • Haben einzelne Anlieger bereits vor ca. 60 Jahren Straßenbaubeiträge gezahlt und welche Folgen hätte dies für die Einstufung als „erstmaliger Endausbau“?

Begründung:
Die Anlieger der Deichbrede konnten nach dem Ratsbeschluss vom 12.09.2022 davon ausgehen, dass der Endausbau auf Grundlage des Straßen- und Wegekonzepts nach § 8a KAG NRW erfolgt. Diese Erwartung beruhte auf einem förmlichen Ratsbeschluss, der nicht aufgehoben wurde. Darauf haben die Anlieger der Deichbrede 2022 vertraut.

Ein solcher Beschluss entfaltet nach ständiger Rechtsprechung Bindungswirkung für die Verwaltung, solange er nicht durch ein gleichrangiges Gremium geändert oder aufgehoben wird. Wird in diesem Zeitraum 2022 und Folgejahre Planungssicherheit vermittelt, kann bei den Betroffenen ein schutzwürdiges Vertrauen entstehen, das sowohl politisch als auch rechtlich zu berücksichtigen ist.

Der Grundsatz des Vertrauensschutzes gilt insbesondere dann, wenn:

  • eine Entscheidung auf einer formellen Beschlusslage beruht,
  • Bürger ihre Dispositionen in Erwartung dieser Entscheidung getroffen haben, und
  • eine nachträgliche Änderung ohne neue Beschlussfassung erhebliche finanzielle Belastungen mit sich bringt.

Vor diesem Hintergrund erscheint es rechtlich und politisch problematisch, die Abrechnungsgrundlage ohne Ratsbeschluss zu ändern und auf diese Weise den bisherigen Vertrauenstatbestand zu durchbrechen – unabhängig davon, ob sich die Rechtslage zwischenzeitlich geändert hat.

Der Wechsel der Abrechnungsgrundlage nach jahrelanger Planung wirft rechtliche und politische Fragen auf – insbesondere zur Bindung an Ratsbeschlüsse, zum Vertrauensschutz und zu möglichen bereits erbrachten Beitragsleistungen.

Wolfgang Sieweke
Fraktionsvorsitzender

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Michael Pitt

Michael Pitt betreibt das Portal Mein-Lemgo im dritten Jahr. Er ist in Lemgo geboren und wohnt direkt am Marktplatz.
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