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Fragen des Bürgermeister Markus Baier betreff des Klinikums Lippe an den Landrat – und dessen Antworten

Wie geht es mit dem Klinikum an der Rintelner Straße weiter? Wie sind die Pläne betreff des Standorts Lemgo? Seit Jahren ist die Zukunft ungewiss, seit dem Weckruf des Bürgermeisters von Kalletal, Mario Hecker, drängen die Bürger Lemgos und der angrenzenden Orte auf eine klare und belastbare Antwort. Bürgermeister Markus Baier hat am Wochenende einen Fragenkatalog an den Landrat Axel Lehmann gesendet. Diesen Brief veröffentlichen wir ungekürzt und unkommentiert zur Meinungsfindung unserer Leser, genau wie die Antwort des Landrats.

Der Brief des Bürgermeisters Markus Baier:

Sehr geehrter Herr Landrat Dr. Lehmann,
der Klinikstandort Lemgo des Klinikums Lippe ist für die Menschen in Lemgo und Nordlippe eine
bedeutende Infrastruktur, um Sicherheit bei der medizinischen Versorgung und damit nicht
zuletzt auch ein gutes Lebensgefühl im ländlichen Bereich zu haben. Durch die Verlagerungen
und Schließungen einzelner Abteilungen der letzten Jahre, die zusätzliche unerfreuliche
Debatten hervorgebracht haben, steht das Klinikum Lippe häufig in der öffentlichen Diskussion.
Bereits im September 2022 hat der Rat der Alten Hansestadt Lemgo (mit dem Bürgermeister
und allen Fraktionen bis auf das Einzelratsmitglied der Linken) den Kreis Lippe aufgefordert:
„Der Rat der Alten Hansestadt Lemgo fordert den Kreis Lippe und die Gremien der Klinikum
Lippe GmbH auf, den dauerhaften Erhalt eines in medizinischer und wirtschaftlicher Hinsicht
bedeutsamen Klinikstandortes Lemgo in einer spezialisierten Kliniklandschaft zu gewährleisten.
Mit einem fachlichen, personellen und baulichen Zukunftskonzept soll dem Rat und der Lemgoer Bevölkerung die Perspektive des Klinikums in Lemgo vermittelt werden. Dazu gehören
verlässliche Perspektiven für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und darin ist auch die Ausgestaltung einer 24-Stunden-Notfallversorgung in Lemgo darzulegen, die als unverzichtbare
Aufgabe für das Mittelzentrum Lemgo und die Region gesehen wird. Ebenso sind die universitären Perspektiven am Standort Lemgo aufzuzeigen!“
Daraufhin gab es mehrere Teilnahmen und Vorträge der Klinikleitung in städtischen
Ausschüssen, bei denen der Erhalt des Klinikstandortes mit vielen Fachrichtungen aufgezeigt
wurde. Auch Sie selbst wurden noch vor vier Wochen in der Lippischen Wochenzeitung zitiert,
dass zur stationären Versorgung „beide Standorte des Klinikums in Detmold und Lemgo
bestehen bleiben“ sollen.

Am gestrigen Tage soll nun in einer öffentlichen Sitzung des Rates im Kalletal darüber
gesprochen worden sein, dass es am Klinikstandort Lemgo ein MVZ geben wird und es dort
perspektivisch nur noch eine ambulante Versorgung geben würde. Wenn diese Informationen
stimmen, wäre es das Aus für den Klinikstandort Lemgo. Neben der Forderung, dass unser Rat
und unsere Bürgerinnen und Bürger in der Standortkommune von solchen Plänen als erste
informiert werden sollten, wäre das eine katastrophale Entwicklung, die den bisherigen
Beteuerungen komplett entgegenläuft.
Die Bundesregierung und die Bundesländer haben sich im Sommer letzten Jahres auf
„Eckpunkte“ einer Krankenhausreform geeinigt. Mit dieser Krankenhausreform sollen eine
„Entökonomisierung“, die Sicherung und Steigerung der Behandlungsqualität sowie eine
„Entbürokratisierung“ des Systems verfolgt werden. Die Versorgungssicherheit
(Daseinsvorsorge) ist ein zentrales Anliegen der übergeordneten Stellen. Fallpauschalen sollen
durch Vorhaltepauschalen ersetzt werden. Qualität soll vor Quantität treten. Das bedeutet eine
Art Existenzgarantie für verbleibende Häuser. In diesem Jahr soll eine Transparenz-Offensive
starten, aus der der Patient bzw. die Patientin herauslesen kann, welches Krankenhaus welche
Leistung anbietet.
Grundsätzlich sind das hehre Ziele. Sie sollten auch für die Bevölkerung in Lemgo und der
lippischen Umgebung positive Auswirkungen generieren. Wir wollen für Lemgo, dass eine
Grundversorgung für Lemgo und den lippischen Nord-Osten erhalten bleibt. Wir haben,
befeuert durch die Aussagen im Kalletal, Sorgen um die Versorgungsqualität für Lemgoer
Bürgerinnen und Bürger und die der Umlandgemeinden.
Aus diesen Aussagen ergeben sich für uns große Unsicherheiten. Daher möchte ich Sie um eine
zeitnahe schriftliche Antwort auf folgende Fragen bitten:

  • Haben die im Kalletal getätigten Aussagen eine Grundlage, gibt es Pläne bei der Klinikum
    Lippe GmbH zu einer Abwicklung des Klinikstandortes und Umwandlung in ein reines MVZ
    bzw. ambulantes Versorgungszentrum?
  • Welche Maßnahmen wurden im Vorfeld ergriffen, um angesichts der anstehenden
    Krankenhausreform den Standort Lemgo mit sinnvollen, aber auch breitgefächerten
    Abteilungen für die Bürgerinnen und Bürger zu erhalten?
  • Wie wird die Notfallversorgung für Lemgo und Umgebung in Zukunft sichergestellt?
  • Welche Maßnahmen werden ergriffen, um den Klinikstandort jetzt konkret zu erhalten?
  • Wenn die Aussagen stimmen, welche Auswirkungen haben die Pläne auf ein mögliches
    Kreis-MVZ an anderen Standorten in Lemgo?
  • Welche konkreten Perspektiven hat der Klinikstandort Lemgo? Gelten die von der
    Klinikleitung im Ausschuss für Gesundheit und Soziales der Alten Hansestadt Lemgo
    getätigten Aussagen noch?
  • Kann eine Standortgarantie für den Standort Lemgo durch den Kreistag abgegeben
    werden?
    Sehr geehrter Herr Landrat, ich hoffe, Sie haben Verständnis für das vehemente Eintreten des
    Rates der Alten Hansestadt Lemgo und meiner Person für unseren Klinikstandort, welches sich
    aus der Bedeutung für unsere Bürgerschaft speist. Wir wissen, dass die Rahmenbedingungen
    für die Kliniklandschaft nicht einfach sind. Jedoch bauen wir auf die gesundheitsökonomische
    Kreativität und das unternehmerische Geschick sowie vor allem auf die Empathie für die
    Lipperinnen und Lipper im Norden des Kreises. Danke im Voraus für Ihre Antworten.


Mit freundlichen Grüßen,
gez.
Markus Baier
Bürgermeister


Die Antworten des Landrats Axel Lehmann:

Zur öffentlichen Diskussion um den Klinikstandort Lemgo stellt Landrat Dr. Axel Lehmann fest:

1) Die Diskussion ist ausgelöst durch eine reine Mutmaßung eines lippischen Bürgermeisters. Es gibt keine neue Faktenlage.
2) In der ganzen Bundesrepublik – und damit auch in Lippe – stehen Kliniken und ihre Träger vor der Frage, wie Klinikstrukturen angepasst werden müssen, um auch nach der großen Krankenhausreform medizinische Versorgung für die Menschen sicherstellen zu können. Fest steht nur: Einen Erhalt des Status Quo wird es dabei nicht geben.
3) Eine verlässliche Antwort auf diese Frage – und damit nach der künftigen Aufstellung der lippischen Klinikstandorte – ist zurzeit noch nicht möglich, weil das notwendige Reformgesetz (Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz) sich noch in der Beratung in Berlin befindet. Klar ist lediglich, dass Bundes- und Landesgesetzgeber angesichts der Personal- und der Finanzknappheit die Strukturen im Krankenhauswesen so deutlich verändern werden, wie nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik.
4) So lange es aber keine klare Gesetzeslage dazu gibt, bleibt es Mutmaßung und Spekulation, was diese Veränderungen für jedes einzelne Haus tatsächlich bedeuten – in Lippe, wie in der gesamten Bundesrepublik.
5) Aufsichtsrat und Geschäftsführung arbeiten im überparteilichen Konsens schon jetzt mit externer Unterstützung an diversen Zukunftsszenarien für die beiden somatischen Standorte Detmold und Lemgo. Dieser Planungsprozess ist komplex und soll möglichst im Sommer abgeschlossen sein.
6) Bund und Land sind dringend aufgefordert, schnellstmöglich für Planungssicherheit zu sorgen, die nötigen gesetzlichen Vorgaben zu schaffen und die Krankenhäuser finanziell abzusichern.
7) Im laufenden Jahr bekennt sich der Kreis Lippe mit einer finanziellen Unterstützung in Höhe von mehr als 20 Millionen Euro zu seinen Kliniken.
8) Öffentliche Veranstaltungen zur Zukunft der lippischen Klinikstandorte müssen dann stattfinden, wenn die Rahmenbedingungen bekannt sind. Vorher sind solche Veranstaltungen ein „Stochern im Nebel“, schüren aber Unsicherheiten bei Beschäftigten und Patienten.
9) Mein Ziel als Landrat bleibt eine gute stationäre Gesundheitsversorgung für alle Lipperinnen und Lipper. Dafür sind wir als Uni-Klinikum auch grundsätzlich gut aufgestellt und investieren an beiden somatischen Standorten hohe Millionenbeträge in Gebäude oder Medizintechnik. Ich setze mich auch weiterhin dafür ein, dass nicht nur Detmold sondern auch Lemgo Klinikstandort bleibt.

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