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Kultur

‚Ganz Ohr sein‘: Erneut volles Haus in der Stadtbücherei

Lemgo. Volles Haus hieß es beim „Ganz Ohr sein“ am Freitagabend schon eine Viertelstunde vor Veranstaltungsbeginn: alle Plätze waren trotz Nachbestuhlung besetzt. Damit war klar: auch 22 Jahre nach der Premiere hat diese Veranstaltungsreihe in der Lemgoer Stadtbücherei nichts von ihrer Attraktivität verloren.

Es dürfte nicht zuletzt an der charmanten Mischung aus der persönlichen Vorstellung der geladenen Gäste und dem häufig überraschenden Bekenntnis zu einem bisher so nicht bekannten Buch oder Text liegen. Und nicht zuletzt an der kenntnisreichen und verbindlichen Moderation durch Elisabeth Webel, die schon bei der Premiere als Leserin dabei war. Axel Koch, der Büchereileiter, gratulierte dann auch den „Freunden und Förderern“ zu dieser gelungenen Veranstaltungsreihe, die „auch nach altem Recht jetzt das 21. Jahr vollendet hat und somit erwachsen geworden“ ist.

„Menschen kennenlernen, die viele von uns sonst nur aus der Zeitung kennen“ – auch das ist ein Motto dieser Veranstaltung. Der Vorsitzende des Vorstands der Sparkasse Lemgo, Klaus Drücker, dürfte zu dieser Kategorie gehören – obwohl er es manchmal gern anders machen würde. „Natürlich wird man mich nur noch selten am Schalter treffen können, aber sofern es gewünscht und möglich ist, bin ich bei Gesprächen gern dabei.“ Aufgewachsen in Gütersloh mit drei Schwestern war an Abitur und Studium kaum zu denken. Aber die Sparkasse bot neben der Ausbildung auch ein berufsbegleitendes Studium an: das war seine Chance, die ihn dann zielgerichtet bis in den Vorstand und dort zum Vorsitzenden führte. Der Mensch und sein (wirtschaftliches) Wohlergehen stehen aber weiterhin im Mittelpunkt der Bemühungen. Die Basisversorgung der Menschen im Bereich der Sparkasse soll gesichert sein, ebenso aber auch die Nutzung der modernen Kommunikation und die damit verbundenen Erleichterungen. Noch ein Stück Miteinander, auch über den Tod hinaus: Klaus Drücker arbeitet im Kuratorium der „Stiftung Standortsicherung Lippe“ mit. Eines der bekannteren Projekte der Stiftung sind die „Kulturträume“. Die Stiftung kann durch Spenden, aber auch durch eigene Stiftungen unterstützt werden. – Der Werdegang des Apple-Gründers Steve Jobs hatte es Drücker besonders angetan, die Biografie von Walter Isaacson hat er mehrfach gelesen und stellte drei Kapitel daraus vor. Und die berühmte Stanford-Rede von Jobs kann man auf YouTube hören, auch auf Deutsch.

„Das Alter meiner Schüler reicht von 17 bis 57“ – mit diesem Satz stellte Christina Sievert sich und das Berufskolleg Eben-Ezer vor. Eine Bildungseinrichtung, die noch relativ unbekannt ist, obwohl sie bereits vor dreißig Jahren gegründet wurde. Geboten wird eine doppelqualifi-zierende Ausbildung im Sozial- und Gesundheitswesen. In sechs verschiedenen Ausbildungsgängen können sich die zurzeit 300 Schüler weiterbilden – auf Wunsch bis zum Abitur. Frau Sievert stammt aus einer kinderreichen Familie: als Älteste von sieben Geschwistern – eine davon behindert – musste sie früh Verantwortung übernehmen. Sie selbst ist ein gutes Beispiel für alles, was auf dem 2. Bildungsweg erreichbar ist. Nach ihrer Ausbildung zur Krankenschwester konnte sie in Bielefeld studieren, ohne zu wissen, dass genau das die Schlüsselqualifikation für ihre Aufgaben bei „Eben-Ezer“ sein sollte. Ihr Appell an die Zuhörer: weiterlernen und das in einem besonderen Bereich, der „letzten Hilfe“. Ein großes Tabu-Thema, geht es doch um die Begleitung des sterbenden Menschen. Dabei gelte es zunächst, Berührungsängste mit demThema zu überwinden. Aber in der Gemeinschaft sei das kein Problem, zum Beispiel beim Ambulanten Hospizdienst in der Haferstraße in Lemgo. – Ihre Buchempfehlung: die eigentlich paradox gemeinte „Anleitung zum Unglücklichsein“ von Paul Watzlawick.

„Küster“ kommt vom lateinischen „custos“, also Wächter, Bewahrer. Mit dieser Einleitung stellte Elisabeth Webel Gerd Borchers vor, den Küster von St. Nicolai. Weiter vorstellen war auch nicht nötig, denn Borchers ist weit über die Grenzen der Kirchengemeinde hinaus in Lemgo bekannt. Weniger bekannt sein dürfte, dass er gelernter Tischlermeister ist und St. Nicolai seinerzeit eigentlich einen Küster mit Elektriker-Ausbildung gesucht hatte. Aber diese Entscheidung war für beide Seiten goldrichtig, wie sich herausstellen sollte. – In die Lehre gegangen ist er, als Ältester von 5 Kindern bei seinem Vater. „Eigentlich nicht die beste Wahl“ wie er anmerkte. Denn die Ausbildung war mit dem Feierabend natürlich nicht beendet. Als Geselle dann durfte er nicht nur, sondern musste er in die Welt ziehen. Und dann war da dieses Stelleangebot von St. Nicolai. Nach kurzer Beratung mit seiner Frau Antje war klar: dort muss er sich bewerben. Für ihn ist es der ideale Beruf: hier sind nicht nur seine handwerklichen Fähigkeiten gefragt, hier geht es um die Kenntnis der Liturgie, um den Kontakt zu den Menschen und nicht zuletzt um den Glauben. Das zeigte sich auch in seiner Leseempfehlung: die Bibel, und dort der 1. Korintherbrief, Vers 13 über die Liebe. Borchers stellte diesen Text in drei Versionen vor: in Lutherdeutsch, aus Bibel „Hoffnung für alle“ von 2002 und aus der „Volxbibel“ (2005). Die Sprache ändert sich, aber am Ende steht: „… am größten unter ihnen ist die Liebe“.

Bevor Ursula Heer von der Buchhandlung Pegasus passend zur Leipziger Buchmesse und zum Welttag des Buches einige der Frühjahrs-Neuerscheinungen vorstellte, wurde der Vorschlag diskutiert, ob für Buchvorstellungen nicht eigene Veranstaltungen geplant werden sollen. Im Herbst wird man es voraussichtlich erstmals versuchen. So aber blieb es in der Bücherei bei einer kleinen, informativen Bücherschau. Viele der vorgestellten Bücher des Abends, aber auch die Listen mit den Büchern, liegen in der Bücherei und in der Buchhandlung Pegasus aus.

PM Berthold Jauch-Held – Freunde und Förderer der Stadtbücherei Lemgo e.V.

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