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IHK Lippe wertet Konjunkturumfrage im Herbst aus: Wirtschaft drängt auf Reformen!

Die wirtschaftliche Lage hellt sich in Lippe noch nicht auf. Für die nächsten zwölf Monate sehen die Unternehmen allerdings mehr Licht am Horizont. Branchenübergreifend klagen die IHK-Mitgliedsbetriebe über investitionshemmende Rahmenbedingungen, zu hohe Arbeits- und Energiekosten sowie eine zu geringe Binnennachfrage. Das zeigt die Umfrage der Industrie- und Handelskammer Lippe zu Detmold (IHK Lippe) zur Konjunkturlage im Herbst 2025. An der aktuellen Umfrage in der Zeit vom 8. bis 21. September haben sich 156 Unternehmen beteiligt.

Volker Steinbach, Präsident der IHK Lippe, fordert von der Politik Reformen: „Wer sich in diesen Tagen mit den Chefs von Unternehmen unterhält, der merkt schnell, dass diese sich Sorgen machen. Die meisten sorgen sich allerdings um den fehlenden Reformeifer der Politik. Wolkige Ankündigungen von tiefgreifenden Veränderungen reichen nicht aus. Die Wirtschaft erwartet Maßnahmen, die die strukturellen Versäumnisse der letzten Jahre beheben und die Bedingungen des Standorts verbessern. Wir müssen endlich wieder wettbewerbsfähig werden.“

„Die strukturellen Probleme der deutschen Wirtschaft zeigen sich seit Jahren in der rückläufigen Industrieproduktion und der Investitionsschwäche. Wird nicht investiert, verfällt das Land und die Stimmung kippt. Der Staat hat sich zuletzt den nötigen finanziellen Spielraum für Investitionen geschaffen. Voraussetzung für Investitionen aus der Wirtschaft heraus sind allerdings Reformen, die langfristig tragen und Unternehmen Planungssicherheit geben: Angefangen bei der Besteuerung von Unternehmensgewinnen über die ausufernde Regulierungsflut bis hin zu den hohen Energiekosten und Sozialversicherungsabgaben“, mahnt Svenja Jochens, Hauptgeschäftsführerin der IHK Lippe.

Branchenübergreifend schätzen 50 Prozent der Unternehmen die aktuelle Geschäftslage nur als „befriedigend“ ein (-5 Prozent gegenüber dem Frühjahr 2025). Der Anteil der Unzufriedenen steigt auf 26 Prozent (+3 Prozent). Nur knapp ein Viertel der Unternehmen beurteilt die derzeitige Situation mit „gut“ (+2 Prozent).

Ein Blick in die Branchen verrät: Die Industrie steht unter hohem Druck: „Es fehlen vor allem Aufträge aus dem Inland“, analysiert Steinbach. Auch im Handel trübt sich das Geschäft ein: „Der Handel und das Gastgewerbe spüren die Verunsicherung der Kunden durch die schlechten Nachrichten um den Zustand der Wirtschaft bis ins Mark. Insbesondere die vielen Kleinst- und Kleinunternehmen leiden, da das finanzielle Polster für so lange Durststrecken schlichtweg nicht ausreicht“, so Steinbach weiter. Im Gastgewerbe nähmen die gewerblichen Buchungen ab, die durchschnittliche Aufenthaltsdauer verkürze sich und der Umsatz gehe zurück. Die Kosten hingegen stiegen weiter an. Nur im Dienstleistungsbereich lief es zuletzt hingegen besser.

Geschäftserwartungen: Der Blick in die Zukunft ist verhalten. Branchenübergreifend erwarten nur 16 Prozent der Betriebe, dass sich das Geschäft innerhalb eines Jahres verbessern wird (+3 Prozent gegenüber Frühjahr 2025). Allerdings sinkt auch der Anteil der Pessimisten auf 16 Prozent (-7 Prozent). Die Mehrheit der Unternehmen (68 Prozent, +4 Prozent) geht weder von einer positiven noch von einer negativen Veränderung aus – trotz der zu erwartenden konjunkturellen Impulse der massiven Ausweitung der staatlichen Investitionen.

Der Geschäftsklimaindex der IHK Lippe steigt von 94 Punkten im Frühjahr auf 98 Punkte im Herbst 2025. Der Index visualisiert die Salden der Geschäftslage und -erwartungen der Unternehmen. Dabei signalisieren 100 Punkte aus technischer Sicht eine ausgeglichene Stimmung. Seit der ersten Erhebung der Daten in 1993 hat sich in Lippe ein langjähriger, positiver Durchschnitt von 109 Punkten etabliert, Tendenz sinkend.

Die Situation der Branchen im Überblick:

44 Prozent der lippischen Industrieunternehmen bezeichnen ihre derzeitige Geschäftslage als „schlecht“ (+7 Prozent). Rund 43 Prozent der Betriebe bewerten die aktuelle Geschäftslage als „befriedigend“ (-1 Prozent). Steigende Personalausgaben, hohe Kosten für Energie sowie Auftragsmangel in vielen Einzelbranchen, insbesondere aus dem Inland, belasten das verarbeitende Gewerbe: „Die Export-Nachfrage kompensierte die schwache Inlandskonjunktur bisher. Allerdings fehlen nun weitere Aufträge“, heißt es exemplarisch. Wachstum sei bei vielen Unternehmen nicht in Sicht. Nur knapp ein Achtel der Industrieunternehmen vergibt „gute“ Konjunkturnoten (-6 Prozent).

Im Handel trübt sich das Geschäft wieder ein. Die Branche blickt nach einem sehr durchwachsenen Sommer insgesamt unzufriedener auf das laufende Geschäft. Die Zurückhaltung der Konsument:innen ist trotz gestiegener Einkommen weiterhin hoch – nicht zuletzt aufgrund anhaltender politischer und wirtschaftlicher Unwägbarkeiten. Für knapp die Hälfte der Händler:innen ist die wirtschaftliche Situation daher nur „befriedigend“ (-3 Prozent). Der Handel spürt den Kostendruck in der Industrie konkret anhand von ausbleibenden Aufträgen gewerblicher Kunden. Neben dem moderaten Konsumklima werden auch hohe Preissteigerungen der Lieferanten von den Händler:innen wahrgenommen und kritisiert. Der Handel könne oft nicht anders als die höheren Preise der Lieferanten an die Kund:innen weiterzugeben. 35 Prozent der Handelsunternehmen vermelden eine „schlechte“ Geschäftslage (+3 Prozent). Ein Lichtblick: 18 Prozent vergeben weiterhin eine „gute“ Konjunkturnote. Denn angesichts der geplanten Ausgabenprogramme der Bundesregierung stiege die Zuversicht der Konsumenten, dass sich auch die eigene Einkommenssituation in den kommenden Monaten verbessern wird. Darüber hinaus steht für den Handel zum Jahresende die wichtigste Saison an.

Der Dienstleistungssektor beurteilt die Lage hingegen besser. Während es bei der Mehrheit von 53 Prozent „befriedigend“ läuft (-13 Prozent), beurteilen gut drei von zehn Betrieben die Lage mit „gut“ (+12 Prozent). Die Auftragslage innerhalb der Branche sei „stabil, jedoch auf einem niedrigen Niveau“, fasst ein Unternehmen beispielhaft die Situation zusammen. Schleppende Projektumsetzungen und Verschiebungen von Investitionen auf Kundenseite drückten auf die Stimmung. Eine „schlechte“ Lage geben 16 Prozent der Dienstleistungsunternehmen an (+1 Prozent).

Die Situation im Gastgewerbe verschlechtert sich. Die Branche geht auf das sechste Verlustjahr in Folge zu. Der reale Umsatz liegt aktuell 15 Prozent unter dem Wert von 2019 – dem Jahr vor der Pandemie. Viele Gäste gingen seltener essen, wählten günstigere Gerichte, verzichteten auf Extras wie Vorspeisen oder das zweite Getränk. Insbesondere die Gastronomie ist stark betroffen. In den Beherbergungsbetrieben nehme die durchschnittliche Aufenthaltsdauer ab. Mehr als drei von zehn Unternehmen vergeben „schlechte“ Konjunkturnoten (+4 Prozent). Eine „befriedigende“ Lage auf niedrigem Niveau geben knapp 60 Prozent der Betriebe an (+9 Prozent). Nur noch knapp ein Achtel bewertet die wirtschaftliche Lage als „gut“ (-14 Prozent).

Geschäftsrisiken: Branchenübergreifend liegen die größten Herausforderungen der lippischen Wirtschaft in den investitionshemmenden wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen (69 Prozent, +7 Prozent im Vergleich zum Frühjahr 2025), den hohen Arbeitskosten (64 Prozent, +4 Prozent; weiterer Negativrekord), im schwachen Inlandsabsatz (64 Prozent, +5 Prozent), den hohen Energie- und Rohstoffpreisen (59 Prozent, +9 Prozent) sowie dem Fachkräftemangel (40 Prozent, +1 Prozent). Ein zu geringer Auslandsabsatz stellt für 27 Prozent (-4 Prozent) ein Problem dar. Insgesamt steigen fünf der acht abgefragten Geschäftsrisiken an.

Als Reaktion auf die Geschäftsrisiken planen weniger Betriebe Maßnahmen zur Rationalisierung, Automatisierung und Digitalisierung (44 Prozent, -9 Prozent im Vergleich zum Frühjahr 2025). Um jedoch auf gestiegene Kosten zu reagieren, werden voraussichtlich 32 Prozent der Unternehmen die Preise weiter erhöhen (-7 Prozent). Knapp drei von zehn Unternehmen planen, die Kompetenzen der Mitarbeitenden stärken bzw. diese weiterbilden (-4 Prozent). Positiv: 30 Prozent der Betriebe werden voraussichtlich ihre Innovationskraft erhöhen (+3 Prozent), neue Märkte erschließen (29 Prozent, -3 Prozent) oder das Geschäftsmodell anpassen (16 Prozent, +6 Prozent).

Finanzlage: Erfreulich ist, dass für 69 Prozent der Betriebe die Finanzlage unproblematisch ist (unverändert). Im Umkehrschluss hat jedoch jedes dritte Unternehmen finanzielle Probleme: 23 Prozent der Betriebe kämpfen mit einem Rückgang des Eigenkapitals (-3 Prozent). Knapp ein Fünftel leidet zudem unter Liquiditätsengpässen (-4 Prozent).

Hauptmotiv für Investitionen im Inland bleibt der Ersatzbedarf mit 73 Prozent (-1 Prozent). Reine Investitionen in Rationalisierungsmaßnahmen streben hingegen 39 Prozent an (-6 Prozent). Der Anteil derjenigen, die explizit in Produktinnovationen investieren wollen, steigt auf 42 Prozent (+4 Prozent). Nur 18 Prozent der Betriebe planen, die betrieblichen Kapazitäten auszuweiten (+1 Prozent). Investitionen in Maßnahmen zugunsten des Umweltschutzes bzw. zur Steigerung der Energieeffizienz geben nur noch 9 Prozent an (-6 Prozent).

Hauptmotiv gegen Investitionen bleibt in knapp der Hälfte der Fälle die zu geringe Nachfrage (-13 Prozent gegenüber Frühjahr 2025). Bei 40 Prozent der Unternehmen sind es vorhandene Kapazitätsreserven (+13 Prozent). Der Mangel an Eigenkapital hindert knapp ein Viertel daran zu investieren (+7 Prozent). Bei 13 Prozent der Unternehmen stehen administrative Hemmnisse möglichen Investitionen im Weg (-10 Prozent). Zu hohe Fremdkapitalzinsen wiederum halten 12 Prozent der Betriebe von Investitionen ab (+2 Prozent). Und rund 8 Prozent der Unternehmen erzielen eine bessere Rendite, wenn sie in Finanzanlagen investieren (+4 Prozent).

Beschäftigungspläne: Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels und einer möglichen konjunkturellen Trendwende im kommenden Jahr hält die Mehrheit der Unternehmen in Lippe an ihren Beschäftigten fest: So soll die Zahl der Mitarbeitenden bei 58 Prozent der Betriebe gleichbleiben (-6 Prozent). Allerdings plant auch ein Viertel der Betriebe, das Personal zu reduzieren (+4 Prozent). Vermutlich werden nur 18 Prozent der Unternehmen neue Arbeitsplätze schaffen (+4 Prozent).

PM IHK Lippe

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Michael Pitt

Michael Pitt betreibt das Portal Mein-Lemgo im dritten Jahr. Er ist in Lemgo geboren und wohnt direkt am Marktplatz.
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