Wirtschaft

Konjunktur in Lippe: Trübe Geschäftslage, aber Licht am Horizont

Die wirtschaftliche Lage hat sich in vielen lippischen Unternehmen verschlechtert. Hauptursachen sind weiterhin die schwache Inlandsnachfrage, andauernde Krisen in der Ukraine und in Nahost sowie allgemein schlechte Rahmenbedingungen. Das zeigt die Frühjahresumfrage der Industrie- und Handelskammer Lippe zu Detmold (IHK Lippe) zur aktuellen Konjunkturlage. Die Talsohle scheint aber erreicht, denn die meisten Branchen bewerten ihre Geschäftserwartungen positiver. Ein Grund ist die rückläufige Inflation. Sie ist im April auf 2,2 Prozentpunkte gesunken. Die Unternehmen rechnen mit Zinssenkungen der Europäischen Zentralbank (EZB). Kredite werden günstiger, die Investitionsbereitschaft steigt. Zudem wird erwartet, dass die Lohnsteigerungen der vergangenen Monate den privaten Konsum ankurbeln.

„Wir sind froh, dass die Unternehmen wieder positiver in die Zukunft blicken. Und das trotz der vielen ungelösten Probleme, die die Wirtschaft weiterhin negativ beeinflussen. Die Unternehmen müssen endlich weitreichend entlastet werden“, fordert Volker Steinbach, Präsident der IHK Lippe. „Die Wirtschaft leidet unter einem Bürokratie-Burnout, langwierigen Genehmigungsprozessen und hohen Kosten.“ Hinzu komme eine große Verunsicherung darüber, wie die digitale und nachhaltige Transformation angepackt werden kann, meint Steinbach. „Für diese notwendige Mammutaufgabe brauchen wir wettbewerbsfähige und verlässliche Rahmenbedingungen, wünscht sich der IHK-Präsident.

Der Konjunkturklimaindikator der IHK Lippe visualisiert das Ergebnis der Salden der Geschäftslagen und -erwartungen der Unternehmen. Dabei signalisieren 100 Punkte aus technischer Sicht eine ausgeglichene Stimmung. Seit der ersten Erhebung der Daten in 1993 hat sich in Lippe ein langjähriger, positiver Durchschnitt von 109,5 Punkten etabliert. An der aktuellen Konjunkturumfrage in der zweiten Aprilhälfte haben sich 167 Unternehmen beteiligt. Das Ergebnis: Der Index steigt von 83 Punkten im Herbst 2023 auf 95 Punkte. Mit den positiven Geschäftserwartungen hebt sich die Stimmung in der lippischen Wirtschaft. „Die Wirtschaft benötigt mehr Raum für Investitionen, Innovation und Unternehmergeist. Dafür brauchen wir vor allem eine aktivierende Wirtschaftspolitik“, fordert Svenja Jochens, Hauptgeschäftsführerin der IHK Lippe.

Branchenübergreifend beurteilen 26 Prozent der Antwortenden die Geschäftslage mit „gut“ (-4 Prozent gegenüber Herbst 2023). Der Anteil der Unzufriedenen verändert sich mit 31 Prozent kaum (+1 Prozent). Für 43 Prozent der Unternehmen ist die Lage „befriedigend“ (+3 Prozent).

Belastungsfaktoren für alle Branchen sind die hohen Kosten für Rohstoffe und Waren, Personal sowie Energie. Die Wirtschaft leidet zudem unter der schwächelnden Binnennachfrage.

Die lippische Industrie ist sehr unzufrieden mit den laufenden Geschäften. Nur noch 12 Prozent der Unternehmen vergeben eine „gute“ Konjunkturnote (-2 Prozent gegenüber Herbst 2023). Fast die Hälfte bezeichnet die momentane Geschäftslage als „schlecht“ (+9 Prozent). Rund 43 Prozent bewerten die Lage als „befriedigend“ (-1 Prozent). „Ein deutlicher Rückgang der Auftragseingänge gegenüber dem Vorjahreszeitraum um bis zu einem Viertel führt zu einem entsprechenden Einbruch bei Umsatzleistung und Betriebsergebnis“, merkt ein Unternehmen stellvertretend an. Die hohen Kosten, insbesondere für Material, Personal und Energie sowie die nachgelassene Inlandsnachfrage belasten die Branche.

Im Handel spiegeln sich die aktuelle Wirtschaftslage und die politisch unruhigen Zeiten im zurückhaltenden Kaufverhalten der Verbraucher:innen wider, das sich zuletzt aber verbessert hat. Insgesamt zeigt sich der Handel zufriedener mit dem laufenden Geschäft. In der aktuellen Befragung deutet sich daher eine Trendwende an: 20 von 100 Händler:innen vergeben eine „gute“ Konjunkturnote (+5 Prozent gegenüber Herbst 2023). Für gut die Hälfte ist die aktuelle Situation „befriedigend“ (+2 Prozent). Für 28 Prozent verläuft das Geschäft momentan eher „schlecht“ (-7 Prozent): „Immer neue Hürden durch die Politik, Nachfragerückgang und Preisverfall“ sind hier die Gründe.

Der Dienstleistungssektor beurteilt die Lage zum vierten Mal in Folge schlechter. Für 47 Prozent läuft das Geschäft nur „befriedigend“ (+12 Prozent), für jedes dritte Unternehmen „gut“ (-10 Prozent). Die „Unsicherheit in der Bevölkerung, bedingt durch hohe Zinsen und schlechte Wirtschaftspolitik“ erschwert dem Dienstleistungssektor das Wirtschaften: „Die Zurückhaltung der Kund:innen spüren wir deutlich“, fasst ein Unternehmen die Situation zusammen. Eine „schlechte“ Geschäftslage vermelden entsprechend 23 Prozent der Unternehmen (-2 Prozent).

Das lippische Gastgewerbe leidet seit Jahresbeginn unter der Erhöhung der Mehrwertsteuer. Insgesamt verschlechtert sich die Geschäftslage im Gastgewerbe deutlich. Daher bewerten nur noch ein Fünftel die aktuelle Lage mit „gut“ (-26 Prozent) und 60 Prozent mit „befriedigend“ (+18 Prozent). Eine „schlechte“ Konjunkturnote vergeben indes 20 Prozent (+8 Prozent): „Die aktuellen Kostensteigerungen machen uns enorm zu schaffen“, mahnt ein Unternehmen an.

Insgesamt steigen fünf der acht abgefragten Geschäftsrisiken an. Die größten Herausforderungen der lippischen Wirtschaft liegen branchenübergreifend im gesunkenen Inlandsabsatz (74 Prozent, +11 Prozent gegenüber Herbst 2023), den hohen Energie- und Rohstoffpreisen (58 Prozent, -6 Prozent), den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen (58 Prozent, +6 Prozent), den hohen Arbeitskosten (56 Prozent, +2 Prozent), dem Fachkräftemangel (49 Prozent, +8 Prozent) sowie im sinkenden Auslandsabsatz (31 Prozent, +3 Prozent). Die Finanzierung (9 Prozent, -7 Prozent) und ungünstige Wechselkurse (2 Prozent, -4 Prozent) spielen eine nur eine untergeordnete Rolle.

Branchenübergreifend erwarten 15 Prozent der Betriebe, dass sich das Geschäft in den nächsten Monaten verbessern wird (+5 Prozent gegenüber Herbst 2023). 65 von 100 Unternehmen erwarten keine Veränderung (+16 Prozent). Positiv: Der Anteil der Unternehmen, die befürchten, dass sich die Geschäftsaussichten eintrüben, hat auf knapp 20 Prozent (-21 Prozent) deutlich abgenommen.

Umsatzerwartung: Für die nächsten 12 Monate erwartet 22 Prozent der Unternehmen,dass derUmsatz steigt (+8 Prozent gegenüber Herbst 2023). Andererseits rechnen branchenübergreifend noch 34 Prozent der Antwortenden mit einem Rückgang des Umsatzes (-8 Prozent). Ein unveränderter Anteil von 44 Prozent der Unternehmen geht davon aus, dass sich innerhalb der nächsten zwölf Monate nichts ändern wird.

Für 69 Prozent der Unternehmen ist die Finanzlage unproblematisch (+5 Prozent gegenüber Herbst 2023). 22 Prozent kämpfen mit einem Eigenkapitalrückgang (+1 Prozent). Acht Prozent leiden unter Liquiditätsengpässen (+4 Prozent). Sieben Prozent berichten von zunehmenden Forderungsausfällen (+3 Prozent).

Hauptmotiv für Investitionen bleibt der Ersatzbedarf mit 69 Prozent (+7 Prozent gegenüber Herbst 2023), gefolgt von 40 Prozent für Rationalisierungsmaßnahmen (+3 Prozent). Ein Drittel der Unternehmen will in Produktinnovationen investieren (-2 Prozent), ein Viertel Kapazitäten ausweiten (+5 Prozent). Nur noch 16 Prozent investieren in Maßnahmen für den Umweltschutz bzw. zur Steigerung der Energieeffizienz (-11 Prozent).

Hauptmotiv gegen Investitionen bleibt mit 50 Prozent die zu geringe Nachfrage (-5 Prozent gegenüber Herbst 2023), bei 22 Prozent sind es vorhandene Kapazitätsreserven (Herbst: 35 Prozent). In 20 Prozent der Fälle sprechen zu hohe Fremdkapitalzinsen gegen Investitionen (Herbst: 29 Prozent), bei 17 Prozent stehen administrative Hemmnisse im Weg (Herbst: 23 Prozent). Rund zwei Prozent der Unternehmen erzielen eine bessere Rendite, wenn sie in Finanzanlagen investieren (Herbst: 3 Prozent).

Beschäftigungspläne: Gut 10 Prozent der Unternehmen in Lippe wollen innerhalb des nächsten Jahres Arbeitsplätze schaffen (-1 Prozent gegenüber Herbst 2023). In den Branchen, die Personal suchen, fällt es den Unternehmen weiterhin sehr schwer, offene Stellen zu besetzen. Bei den meisten Unternehmen (68 Prozent) soll die Zahl der Mitarbeitenden in den nächsten Monaten gleichbleiben (+6 Prozent), knapp 22 Prozent werden ihr Personal vermutlich reduzieren (-7 Prozent).

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