Entscheidung um die ehemalige Gastronomie am Aussichtsturm wird vertagt

Die Verwaltung hatte den ‚Rückbau‘ des früheren Ausflugslokals empfohlen. Laut der Beschlussvorlage wurde „…ein nachhaltiges und wirtschaftliches Konzept zur weiteren Nutzung der städtischen Liegenschaft im Wald nicht gefunden, bzw. würde hohe Investitionskosten für die Stadt nach sich ziehen. Nach erster Schätzung belaufen sich die Sanierungskosten auf ca. 1,5 Millionen Euro (+/- 30 %)…„
Dieser Einschätzung wollte der Allgemeine Betriebsausschuss bei der gestrigen Sitzung im Rathaus nicht vollumfänglich folgen. Stephan Krause (FDP) stimmte der Verwaltung insofern zu, dass er keinen Sinn darin sähe, große Investitionen zu Kosten des Stadtsäckels ohne Perspektive zu tätigen. Einen Verkauf der Immobilie wiederum könne er sich durchaus vorstellen. Da die Zeit nicht dränge, schlug er eine Vertagung vor, die Verwaltung möge sich nochmals um Investoren beziehungsweise Kaufinteressenten bemühen.
Dieser Einschätzung folgte Christian Binz (SPD) weitestgehend. Er hätte sich auch frühzeitig mehr Informationen über den Vorgang gewünscht. Auch das von Verwaltung und Unternehmensberatung erwartete Investitionsvolumen von rund 1,5 Millionen zweifelte er vorsichtig an: „Vor vier Jahren haben dort doch noch Veranstaltungen stattgefunden, die Gastro wurde regelmäßig genutzt. Ob wirklich Investitionen in dieser Höhe nötig sind?“ Er regte ebenfalls eine Vertagung an, genau wie die Mitglieder der Fraktion Grüne/Bündnis 90. Lediglich Paul Smith (CDU) folgte den Argumenten der Verwaltung. Er wolle eine ‚endlose Diskussion wie seinerzeit bei der Tankstelle‘ (Tankstelle am Regenstor/Campingplatz, Anmerkung der Red.) vermeiden und über den Abriss abstimmen.
Frank Limpke (Erster Beigeordneter und Kämmerer) verwies auf die künftigen eingeschränkten Einflussmöglichkeiten der Stadt bei einem eventuellen Verkauf der Immobilie im Stadtwald. Er hält die nötigen Investitionssummen für realistisch, einige bisher stattgefunden Gespräche mit Interessenten einer Pacht hätten nicht zu befriedigenden Ergebnissen geführt. Er erklärte allerdings auch, es sei nicht intensiv „Marketing für die Verpachtung“ betrieben worden.
Am Ende einigte sich der Ausschuss auf eine Vertagung und beauftragte die Verwaltung, noch einmal Gespräche mit potentiellen Investoren zu führen und einen eventuellen Verkauf in künftigen Planspielen nicht mehr auszuschließen. Eine Entscheidung die Frank Limpke unter Gelächter des Ausschusses augenzwinkernd kommentierte: „Ich freue mich auf den Auftrag.“
Kommentar
Nun also noch einmal von vorn. Der Abriss der Gastronomie am Aussichtsturm ist -vorerst- abgewendet. Da kein Zeitdruck herrscht, wollte die Politik mehrheitlich dem Vorschlag der Verwaltung erst einmal nicht folgen.
Unabhängig von den Erinnerungen, die viele Lemgoer mit der Ausflugsgaststätte verbinden, ist eine weitere Nutzung meines Erachtens nach durchaus denkbar und vor allem sinnvoll – mit Nostalgie allein kann man bedauerlicherweise den Unterhalt des Gebäudes ja nicht zahlen. Es muss auch nicht immer das ‚Große Rad‘ gedreht werden. Ein klassisches Ausflugslokal mit rustikaler und ehrlicher Küche und zeitgemäßen Angeboten wie Kinderspielplatz, Ladestationen für E-Bikes oder kleiner Hundewiese zieht Wanderer, Touristen und Familien gleichermaßen an. Es muss nicht immer gleich ein ‚Leuchtturmprojekt‘ mit Hotel sein. Mir liegt beispielsweise ein durchaus tragfähiges Konzept eines finanzstarken Investors mit gastronomischer Erfahrung vor. Dieses hat er schon Anfang des letzten Jahres bei der Verwaltung vorgestellt – es wurde seiner Aussage nach nicht weiterverfolgt.
Auch für das Konzept ‚Stärkung des Tourismus‘ der Stadt Lemgo braucht es Ausflugslokale. Zahlreiche Wanderwege kreuzen den Bereich um den Aussichtsturm, die Besucher wünschen sich Gastronomie an diesen Wegen und in der Natur. Touristen und Wanderer, welche den Stadtwald und die lippische Umgebung erkunden. nächtigen am Ende auch in den Lemgoer Hotels oder auf dem Campingplatz und geben noch Geld im Eiscafé oder Restaurant in der Stadt aus. Lemgo Marketing um Wolfgang Jäger sieht das übrigens ähnlich.
Die Verwaltung hat recht: es ist nicht Aufgabe der Stadt Lemgo, sich um Gastronomie zu kümmern oder diese zu subventionieren. Wenn sich nun aber Interessenten mit tragfähigen Konzepten vorstellen, spricht aus meiner Sicht nichts dagegen, diese Investitionen mit einer zeitlich begrenzten niedrigen Pacht zu unterstützen, wie es beispielsweise am Marktplatz mit dem Ratskeller möglich war.
Michael Pitt (Kaufmännische Ausbildung und 35 Jahre gastronomische Erfahrung)