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Die Haushaltsreden der Fraktionsführer zum Haushalt 2023

Am vergangenen Montag tagte der Rat der Alten Hansestadt Lemgo zum letzten Mal in diesem Jahr und die Fraktionsvorsitzenden hielten ihre Haushaltsreden zum Haushalt 2023. Aussergewöhnlich deutlich wurde Profil gezeigt. In den Ansprachen wurden die jeweiligen Kernthemen hervorgehoben und die Vorsitzenden nahmen Stellung zum politischen Gegner, und zwar ohne die sprichwörtlichen ‚Samthandschuhe‘.

Der teils kritisierte Bürgermeister Markus Baier (Parteilos) erklärte auf Anfrage, sachliche Kritik gehöre für ihn zum politischen Alltag. Er wundere sich aber über Beanstandungen bei Themen, für welche die kritisierende Fraktion beispielsweise auf Kreisebene selbst verantwortlich seien oder bei welchen sie bei der politischen Entscheidungsfindung selbst beigetragen hätten.

Wir veröffentlichen die uns schriftlich zugegangenen Haushaltsreden hier ohne Änderungen oder Kürzungen, und auch bewußt ohne Einordnung und Bewertung.


Carsten Steinmeier (CDU)/Aufbruch C

„Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Herr Limpke, sehr geehrte Frau Kugelmann und alle Mitarbeiter der Verwaltung,

als erstes möchte ich ihnen Allen unseren Dank für die im abgelaufenen Jahr geleistete Arbeit aussprechen, nicht nur für die Aufstellung des Haushalts, sondern für das Gute miteinander von Rat und Verwaltung über das ganze Jahr.

Als zweites, wir stimmen dem Haushalt 2023 zu.

Sich in dieser Rede ausschließlich auf den jetzt zu verabschiedenden Haushalt 2023 zu beziehen, würde der gesamten Komplexität aber nicht gerecht werden.
Man muss auch immer im Blick behalten, was ist in der Vergangenheit beschlossen worden und wie geht es in den nächsten Jahren weiter.

Zuerst ein Blick zurück. Dem Haushalt 2022 konnten wir als CDU/Aufbruch C Fraktion nicht zustimmen. Über das Jahr wurden neue Stellen geschaffen und viele Ausgaben beschlossen, die, einzeln betrachtet, mit viel gutem Willen, vielleicht aus Sicht der anderen Fraktionen, noch nachzuvollziehen waren, in ihrer Gesamtheit aber unserem wichtigsten Ziel widersprachen.

„Sowohl die Bürger als auch die Gewerbetreibenden können sich auf unsere Stimmen im Rat für maßvolle kommunale Steuern in Lemgo verlassen.
Daher:
Lemgo braucht weiterhin eine sparsame Haushaltsführung und einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Geld unserer Bürgerinnen und Bürger!“

Wenn wir die Alte Hansestadt Lemgo betrachten, darf auch ein Blick auf unsere wichtigste Tochter nicht fehlen. Die Stadtwerke Lemgo stehen, genauso wie die Stadt selbst, vor großen Herausforderungen. Wir sind diesen Herausforderungen aber gewachsen, da wir, zumindest mehrheitlich, die richtigen Entscheidungen getroffen haben. Hier ist es auf jeden Fall angebracht dem scheidenden Geschäftsführer, Arndt Oberscheven, für seine gute Arbeit in den vergangenen Jahren zu danken und Herrn Matthias Sasse, der seit Jahren für den eingeschlagenen Weg mit verantwortlich ist und genau deshalb von der Mehrheit der Fraktionen, als neuer Geschäftsführer ausgewählt wurde, alles Gute zu wünschen.
Es wird für ihn und uns als Gesellschafter aber nicht einfach werden, neben den Energiepreisen müssen auch die explodierenden Kosten nicht nur für den ÖPNV im Blick bleiben. Leider hat der Rat der Stadt Lemgo in diesem Jahr durch die Entscheidung für das kostenlose Schülerticket auf das bereits vorhandene Defizit noch einen draufgelegt.
Es ist auch nicht kostenlos, es wird von jedem Lemgoer Steuerzahler bezahlt.

Jetzt wird es Zeit nach vorne zu blicken, was die Mehrheit des Rates der Alten Hansestadt Lemgo auch gemacht hat. Wenn der Haushalt für das Jahr 2023 beschlossen wird, ist die langfristige Finanzplanung für die folgenden Jahre auch immer mit im Blick. In den zukünftigen Jahren werden die Kosten in allen Bereichen steigen, ohne dass wir als Kommunalpolitiker in den meisten Fällen darauf Einfluss nehmen können, denn das sind Folgen der vielen Krisen die im Moment über uns hereinstürzen. Energiekrise, Klimawandel, Krieg in der Ukraine, nicht nur daraus folgende Flüchtlinge, steigende Sozialkosten. Dazu noch, in Anführungszeichen „seltsame“ Urteile zu Gebühren usw. usw.

Eins darf aber auf keinen Fall aus dem Blick verloren werden. Wenn wir alle, die wir hier Verantwortung tragen, die Einnahmen und die Ausgaben im Blick haben ist jedem Lemgoer Bürger zumindest schon Mal ein Stück weit geholfen.
Dies ist in diesem Jahr gelungen. Ein Großteil der Anträge zum Haushalt, die von den Fraktionen gestellt wurden waren maßvoll und der Lage angemessen.
Daher wurden diese auch mit großer Mehrheit angenommen.
Andere Anträge, die einen enormen, unverhältnismäßigen hohen Aufwand, für keinen Ertrag hatten, oder nur partikulare Interessen bedient hätten, wurden zurück gezogen. Hierbei ist es egal ob Abstimmungsniederlagen verhindert werden sollten, oder man zur Einsicht gekommen ist. Wichtig war, diese Ausgaben nicht zu tätigen.

Abschließend ein Punkt für die Zukunft und die nächsten Haushaltsberatungen.
Wenn nach monatelangen Beratungen, ein ambitioniertes Klimaschutzkonzept, mit großer Mehrheit beschlossen wurde. Schnürt man dieses nicht, mit als Haushaltsanträgen getarnten Anträgen wieder auf.“

Carsten Steinmeier, CDU

Alexander Baer (SPD)

„Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,
das Jahr 2022 war sowohl politisch als auch wirtschaftlich gesehen ein besonderes Jahr für uns alle. Ich würde angesichts der weltpolitischen Lage sogar von einer Zeitenwende sprechen. Denn die Zeiten sind jetzt völlig andere, als wir alle sie uns noch vor einem Jahr ausgemalt haben.
Seit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine ist unsere Welt grundlegend verändert. In der Ukraine leben die Menschen nun in Angst vor ständig neuen Bombenangriffen und vor dem Winter. Weltweit macht sich große Sorge vor der politischen Veränderung breit: Globale Kräfte wurden verschoben, Absprachen werden neu sortiert und sogar Bündnisse sind nicht mehr immer verlässlich.
Auch die Bedrohungslage für unsere Sicherheit hier ist größer denn je. Die Sabotageakte an der Bahninfrastruktur und der Ostsee-Pipeline zeigen, wie ernst die Situation ist. Diejenigen von uns, die den Kalten Krieg noch bewusst miterlebt haben, fühlen längst vergessen geglaubte Ängste wieder aufsteigen.
Neben der Sorge um die Sicherheit Deutschlands und Europas, kommt mittlerweile bei unzähligen privaten Haushalten die Angst um die wirtschaftliche Existenz hinzu. Durch Corona war die Weltwirtschaft bereits geschwächt. Lieferketten waren unterbrochen, weltweite Warenwege blockiert. Nun hat der russische Krieg noch einmal die Lage verschärft.
Hier bei uns treibt jetzt die massive Inflation die Preise in die Höhe. Und Wirtschaftsexperten sehen schwarz für das hiesige Wirtschaftswachstum und die internationale Wirtschaftsentwicklung. Die Verbraucherpreise für Lebensmittel und Energie sind unverhältnismäßig in die Höhe geschnellt. Auch steigende Mieten und explodierende Immobilienpreise belasten die Bürgerinnen und Bürger.
Viele Menschen müssen beim wöchentlichen Einkauf noch mehr rechnen, als zuvor. Und etliche wissen manchmal gegen Ende des Monats nicht, wie sie noch ein warmes Essen auf den Tisch bringen sollen.
Kurz gesagt: Die Menschen haben sehr viel weniger im Portemonnaie und befinden sich in einer substantiellen Krisensituation. Es sind bedrohliche und unsichere Zeiten.
Und in solchen Krisenzeiten –das wissen wir alle – brauchen wir stabile, sichere Führungen. Wir Menschen brauchen Schutz und Stabilität. Wir brauchen einen Fels in der Brandung. Einen strahlenden Leuchtturm, der uns sicher durch den Sturm lotsen kann.
Sehr geehrte Damen und Herren,
diese Eigenschaften zeichnen unseren Bürgermeister derzeit leider nicht aus. Ich sehe keine Strahlkraft, keinen Lotsen, der uns unbeschadet durch diese aufgewühlten Gewässer leitet. Ich sehe keine inspirierenden Vorschläge, wie die

Menschen in Lemgo von der Kommune unterstützt werden könnten. Absolute Fehlanzeige. Das ist sehr schade und enttäuscht mich wirklich.
Unser Kämmerer, der erste Beigeordnete, hat dieses Jahr einen Haushalt aufgestellt, der ein Defizit in Höhe von 4,442 Millionen Euro ausweist. Wie Sie alle wissen, hatte ich im vergangenen Jahr große Zweifel an den Prognosen der Haushaltspläne. Immer wurden hohe Defizite prognostiziert, die sich dann wie durch ein Wunder in das absolute Gegenteil entwickelten.
Nur kurz zwei Beispiele der letzten zwei Jahre :

Prognose Haushalt 2021-1.794.739
Tatsächliches Ergebnis5.374.189
Prognose Haushalt 2022-1.121.766
Tatsächliches voraussichtliches Ergebnis 3.500.000

Dies lässt sich im Prinzip auf die letzten zehn Jahre zurückschreiben.
In den vergangenen Jahren hatte ich diese Entwicklung immer vorhergesehen.

Von Seiten der CDU wurde dies immer belächelt, gut dass es mir dann mit den endgültigen Jahresabschlüssen ja auch von den Wirtschaftsprüfern schriftlich bestätigt wurde. Ich weiß also, dass meine Prognosen durchaus ernst zu nehmen sind und ich da einen guten Blick für habe.
Nun habe ich vorhin über eine Zeitenwende geredet und tatsächlich muss ich sagen: dieses Jahr ist auch was unseren kommunalen Haushalt betrifft, völlig anders. Ich vertraue unserem ersten Beigeordneten, dass er einen guten nach kaufmännischen Vorsichtigkeitsprinzip, Haushaltsentwurf mit bestem Wissen und Gewissen aufgestellt hat.

Aber ich selbst wage in diesem Jahr keine Prognose. Die Umstände lassen das nicht zu. Die Unwägbarkeiten in der Krise, die Wirtschaftslage, die Inflation: auf all das bin ja eben schon eingegangen. Und aus diesem Grund halten wir uns dieses Jahr mit unseren Haushaltsausgaben zurück. Denn wir können tatsächlich nicht abschätzen, wie sich das nächste Jahr entwickelt.
In den Haushaltsberatungen hatten wir dieses Jahr wieder eine große Anzahl von Anträgen die sich dann nach und nach von alleine erledigten oder entsprechend zurückgezogen wurden. Ich bitte sie hier meine lieben Kolleginnen und Kollegen zu mehr Disziplin und besserer Vorbereitung Ihrer Anträge um nicht unnötige Sitzungen halten zu müssen die die Lemgoer Bürger dann bezahlen müssen.

Und so haben wir als SPD dann wenigstens zwei Beschlüsse auf den Weg gebracht, die auch bewilligt werden. Und der Antrag zur Entlastung von Eltern bei den Kindergartenbeiträgen hilft hier wirklich den Familien in dieser schwierigen Situation.

Im Prinzip haben wir damit Herrn Bürgermeister einen Gefallen getan. Denn mangels eigener Ideen kann er sich jetzt wieder mit unseren Anträgen in der Zeitung und bei den sozialen Medien feiern lassen, so wie er es schon bei vorherigen Beschlüssen getan hat.
Und die CDU? Die macht das, was in ihren bescheidenen Möglichkeiten steht. Zu diesem Haushalt stellt sie drei Anträge, deren Sinn sich mir teilweise nicht immer gleich erschließt.
Der erste ist ein Antrag, der durch eine Satzungsänderung im Haupt- und Finanzausschuss durch die Verwaltung vorgestellt und dann bewilligt wurde. Minuten später haben wir dann das Gleiche nochmal als Antrag von der CDU bewilligt . Na PRIMA! Herzlichen Glückwunsch für diese Kreativität. Verstehen Sie mich nicht falsch: Auch wir sind der Meinung, dass die Leistungen der Kindertagespflege unbedingt angemessen honoriert werden müssen. Sie umsorgen und behüten unsere wertvollsten Schätze, unsere Kinder. Ihre gesellschaftliche Relevanz kann gar nicht überschätzt werden. Aber dennoch muss man fragen: Was ist der Sinn dieser Doppelung? Sollen wir beschäftigt werden, damit uns nicht langweilig wird?

Der zweite Antrag der CDU ist ebenso sinnlos. Ein Antrag zur Zurückhaltung von Investitionen. Das, mit Verlaub, ist Unsinn und ergibt sich auch von alleine! Wer die Situation kennt, kommt quasi nicht darum. Manche Bauvorhaben und Aufträge können schon wegen Lieferengpässen nicht schneller abgewickelt werden. Wir denken doch, dass unser Kämmerer vorausschauend wirtschaftet und dies mit in Erwägung zieht, oder sehe ich da bei der CDU Zweifel?
Der dritte Antrag erscheint mir als der Einzige, der vor dem aktuellen Hintergrund irgendwie nachvollziehbar ist. Hier geht es um die Umrüstung der Flutlichtanlagen auf LED-Beleuchtung. Eine Maßnahme, die Kosten spart und die Umwelt schont.

Auf die Anträge der FDP , die gar keine Haushaltsanträge sind gehe ich hier erst gar nicht ein.
Wir haben noch viele weitere Anträge gehört und beraten. Es waren manchmal sinnvolle, manchmal unverständliche Maßnahmen dabei. Die Beratungen waren langwierig und manchmal auch überflüssig. Ich denke da an einige der Anträge von den Kolleginnen und Kollegen der Grünen. Es würde mich freuen, wenn Sie beim nächsten Mal erst prüfen, welcher Antrag wo hingehört, bevor Sie sie in die Haushaltsdebatte geben.
Aber nun ist es geschafft. Nach dieser vielen Arbeit haben wir heute hoffentlich einen Haushalt vorliegen, der uns in Lemgo zwar keine Wunder versprechen kann. Aber wir können damit gut durch das kommende Jahr manövrieren und werden hoffentlich einen Haushalt vorliegen, der uns in Lemgo zwar keine Wunder versprechen kann. Aber wir können damit gut durch das kommende Jahr manövrieren und werden hoffentlich keinen Schiffbruch erleiden.
Ihnen, Herr Bürgermeister, danke ich für die gute Zusammenarbeit im vergangenen Jahr. Für das kommende Jahr wünsche ich mir von Ihnen ein wenig mehr Profil und Engagement als bisher, um auch in schwierigen Zeiten unserer Stadt ein guter Kapitän zu sein und diesen großen Tanker sicher zu steuern.

Insgesamt möchte ich mich bei allen Kolleginnen und Kollegen im Rat sowie bei der Verwaltung für die Zusammenarbeit im vergangenen Jahr bedanken. Insbesondere auch bei unserem 1. Beigeordnetem Herrn Limpke , für die Vorbereitung des Haushaltes. Sie genießen mein Vertrauen was Ihr fachliches Wissen in Haushaltsfragen betrifft und ich bin froh das wir Sie hier bei uns in Lemgo gewinnen konnten.

Wenn uns die schlimmen Zeiten eines gelehrt haben, dann, dass es oft nötig ist, zusammenzurücken und sich zu stärken. Lassen Sie uns im kommenden Jahr gemeinsam daran arbeiten, dass die Bürgerinnen und Bürger unserer schönen Stadt stark durch die Krise gehen können.

Den Haushalt werden wir natürlich zustimmen.

Abschließend wünsche ich Ihnen noch eine wunderschöne Adventszeit und erholsame Feiertage sowie einen gesunden Start ins Neue Jahr!

Vielen Dank und bleiben Sie gesund!“

Alexander Baer (SPD)

Burkhard Pohl (Die Grünen/Aufbruch 90)

„Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

meine Damen und Herren, werte Kolleg*innen,

dieses Jahr ist wieder alles anders. Letztes Mal war es Corona, dieses Jahr ist es der Krieg. Am 24. Februar 2022 griff Russland die Ukraine an. Dieser Krieg ist ein Verbrechen und eine Zeitenwende. 

In Lemgo begingen ukrainische Frauen und Männer den Unabhängigkeitstag mit einer Feier im Lippegarten. Dank dabei an die wichtige Arbeit der Flüchtlingshilfe und die vielen privaten Unterstützer*innen!

Der Volkstrauertag gewann dramatische Aktualität: In diesem Jahr wurde ein weiterer Kranz niedergelegt – im Gedenken an die vielen Toten des Krieges in der Ukraine. Und das Morden geht weiter.

Deshalb möchte ich kurz innehalten, bevor es zum Haushalt geht.

<Pause>

Liebe Kolleg*innen,

der Haushalt 2023 steht im Blick alter und neuer Krisen.

Wir befinden uns auf dem „Highway to Climate Hell“. So drückte es UNO-Generalsekretär Antonio Guterres aus. Aber diese drastischenWorte sind nötig. 

Allein die Extremwetterereignisse von 2018 bis 2021 haben Klimafolgekosten von 80 Mrd EUR hervorgebracht. Und dabei wird es nicht bleiben, wie wir wissen. Wir wissen aus dem regelmäßigenBudgetbericht von Frau Kugelmann, dass Extremwetter auch für Lemgo ein Risiko sind.

Der Ukrainekrieg zeigtDie Politik der fossilen Abhängigkeit von Diktaturen und Autokratien ist krachend gescheitert. Die Politik, die die Erneuerbaren Energien behindert hat, ist gegen die Wand gefahren– in Deutschland wie auch hier in Lemgo und Lippe. Mangelnder Rückhalt hat die Stadtwerke daran gehindert, in Lemgo in Windkraft zu investieren, manche Partei hat munter Plakate gegen Windkraft ins Schaufenster gehängt. Jetzt wären wir froh, wenn Lemgo mehr erneuerbaren Strom selbst produzieren würde. Es wäre ökonomisch sinnvoll, wenn wir als Stadt und mit Bürgergenossenschaften selbst die Einnahmen der Windkraft bekömen bekämen. Jetzt ist ein Neustart nötig. 

Unser politisches Handeln trägt Verantwortung im Kleinen, im Großen und für das Ganze: Mit wem wir handeln, mit was wir handeln, welche Standards wir setzen. 

Diese Verantwortung spüre ich seit 2020 häufiger in der Lemgoer Politik. Nicht zuletzt auch im Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz, den zu leiten ich die Ehre habe. Ich danke allen dort Aktiven für den unaufgeregten und konstruktiven Diskurs in diesem Ausschuss.

Wir müssen auch in Lemgo umdenken und die Realitäten beachten:

Das alte Wachstumsmotto „Schneller, höher, weiter“ ist vorbei. Es kommt vielmehr darauf an, welche nachhaltigen Ziele und Prioritäten wir uns setzen. Gerade angesichts der drohenden finanziellen Schieflage.

Neue Ziele – neue Maßstäbe

Dieses Bewusstsein einer Zeitenwende für Nachhaltigkeit zeigt sich in den neuen Lemgoer Stadtzielen. Der Lemgoer Rat hat in großer Mehrheit acht neue Stadtziele vereinbart. 

Das Ziel beim Klimaschutz ist deutlich verschärft worden – hin zur Klimaneutralität 2035. 

Neu ist das Ziel der Klimafolgenanpassung. Ein wichtiger Fortschritt! Besonders für den Natur- und Artenschutz. Raum zu entwickeln heißt auch, Grünräume und Biodiversität zu stärken und auszubauen. 

Wir Grünen denken dabei auch an das Potenzial der Smart City. Wir wollen innovative Vorhaben, die die Digitalisierung für eine nachhaltige Entwicklung der Stadt nutzt. Und dabei den Klimaschutzsinnvoll unterstützt.

Ich begrüße außerdem das Ziel für die Entwicklung der Ortsteile. Demokratie braucht die Beteiligung der Menschen, und dazu gehören Angebote zur Mitarbeit. Die ersten Versammlungen für Nahwärme und Wohnraum waren bereits gut besucht.

– Ich wünsche mir dabei, dass der Rat auch über den Tellerrand schaut: Wenn die Gesundheitsversorgung im Klinikum die Menschen umtreibt, dann darf sich die Stadt Lemgo nicht einfach wegducken und auf fehlende Zuständigkeit verweisen. Da ist auch der Lemgoer Bürgermeister gefragt. Und wenn ein ganzes Dorf wie Lieme sich wegen einer Schießanlage in direkter Ortsnähe sorgt, dann sollte dies auch den Bürgermeister interessieren.

Nun zu den Haushaltsanträgen. 

Ich danke an dieser Stelle der Verwaltung für die konstruktive Zusammenarbeit im vergangenen Jahr und auch während der Beratungen zum Haushalt!

Wir Grünen haben Anträge gestellt, die nach vorne schauen:

Erstens: Lemgo braucht bezahlbaren Wohnraum. Wir Grünen haben einen Weg vorgeschlagen, die Gründung einer eigenen kommunalen Gesellschaft zu prüfen, um die Preisspirale am Markt zu unterbrechen. Einfach zuzuschauen, wie bezahlbares Wohnen unmöglich wird, ist keine Lösung. Diese soziale Maßnahme haben Sie im Rat abgelehnt, der Antrag ist vertagt. 

Aber keine Bange: Wir Grünen werden darauf zurückkommen. Aus Grüner Sicht muss Lemgo beim Bauen künftig neben dem Klimaschutz noch mehr auf soziale Belange schauen. Wir müssen umdenken, wie und was wir in Lemgo noch verantwortlich bauen und sanieren wollen – ob hochpreisig für wenige oder bezahlbar für viele. Wir werden um mehr kommunalen Einfluss und Steuerung nicht umhinkommen. 

Wir Grünen sagen auch: Die Klimabilanz muss über eine Investition mitentscheiden. Einfach billig-billig war noch nie gut und ist es weniger denn je. Bei den Beschaffungen werden wir hier nun in die CO2-Bilanzierung einsteigen, soweit technisch darstellbar und das freut mich.

Schließlich die Mitbestimmung der Jugend. Die darf kein Lippenbekenntnis bleiben und muss dauerhaft wirken. Deshalb wollen wir Grünen ein Schüler- und Jugendparlament, das Mitbestimmung von jungen Menschen ernst nimmt und verbindlich macht. Denn um deren Zukunft geht es bei dem, was wir hier Woche für Woche beschließen. Gut, dass die Mehrheit des Rates bereit ist, hier weiter am Thema zu bleiben.

Ein Wort zu den anderen Fraktionen:

Die Kolleg*innen der CDU haben 2022 wie üblich die grünen Anträge abgelehnt. Diese Scheuklappen-Mentalität wirkt aus der Zeit gefallen: Denn die Mehrheit der CDU/Aufbruch C-Fraktion stimmt sogar gegen eine einfache Haushaltsliste von Klimaschutz-Maßnahmen. Schade, dass Teile Ihrer Fraktion offenbar beim WortKlimaschutz immer noch Schnappatmung bekommen.

Kritisch finde ich: Dass Sie in Lemgo verzerrte Falschaussagen verbreiten, wie letzte Woche beim Thema Friedhofskonzept.

Ich halte das für schädlich, schädlich für das Miteinander im Rat und schädlich für die politische Kultur in Lemgo. Ich möchte Sie dringend auffordern, wieder zu verlässlichen politischen Umgangsformen zurückzufinden. 

Und damit ein paar Worte zur FDP: Da frage ich mich: Hallo?! Wie können Sie weiter stur jedes Windrad in Lemgo oder Lippe ablehnen? In welcher Welt leben Sie? In welchem Jahrzehnt möchten Sie ihre energetischen Wunderwaffen zünden? Noch viel schlimmer ist, dass Sie damit auch dagegen stimmen, dass die Stadtwerke erfolgreich investieren und dringend nötige Einnahmen schaffen, so wie jetzt in Barntrup – und dass dann Unternehmen von außen das Geld mit erneuerbarer Energie verdienen! – Ich finde, Sie verweigern sich der Energierealität. Und Sie zeigen wenig Sinn für kommunale Interessen.

Ausblick 2023

Insgesamt aber haben Rat und Verwaltung 2022 einige wichtige Weichen für Lemgo gestellt. Und dazu haben wir Grünen deutlich beigetragen.

Ich möchte im aktuellen Haushalt auf wichtige Vorhaben hinweisen:

1) –Schüler*innenticket: Mit unseren politischen Partnern von SPD und BfL, mit esL und Linken haben wir das Ticket beschlossen, mit dem Kinder und Jugendliche staatlicher Schulen frei fahren dürfen. Das ist ein echter Beitrag zur Verkehrswende und zur Mobilität. Ich fand es schade, dass der Bürgermeister sich mit Händen und Füßen dagegen gewehrt hat, zum Glück ohne Erfolg. Lassen Sie uns das Ticket nun zu einem guten Erfolg führen.

2) Neue Priorität für das Stadtgrün: Das Stadtziel Klimafolgen, die Biodiversitätsstrategie und weitere Konzepte zu Starkregen und Ausgleichsflächen stehen im Haushalt. Mit diesen Projekten gibt es mehr Gewicht für Artenschutz und Freiraum. Aber eines gilt dann auch: Die Projekte müssen wir umsetzen, und das geht nur mit genügend Personal. 

3) Lagerplatz bei der SBL – Ziel muss die Wiederverwendung, das Recycling sein. Zero Waste ist noch eine Aufgabe für Lemgo.

4) Ausbau des Offenen Ganztags– Die Verwaltung nimmt den Auftrag ernst und wir dürfen hoffen, dass der Rechtsanspruch für die OGS an den Räumen nicht scheitern wird. Zusammen mit der SPD hatten wir Grünen mit einer Sondersitzung von Schul- und Jugendhilfeausschuss den Prozess mit angestoßen.Gut, dass die Politik sich da einig ist.

5) Erhöhung der Mittel für die Flüchtlingshilfe. Lemgo zeigt weiter Solidarität, und das ist so wichtig: Ukraine, Iran, Afghanistan, Syrien…

Ein letzter Punkt: das Megaprojekt Verkehrswende. Hier hat Lemgo klare Reduktionsziele von 30% CO2 bis 2030, leider aber noch keine verbindlichen Maßnahmen. Das muss sich schleunigst ändern! Im Frühjahr liegen die Ergebnisse des Bürgerforums vor, die Mobilitätsbefragungen werden ausgewertet. Wir Grünen freuen uns auf gute Ideen aus der Bevölkerung.

Wir wissen: Für emissionsfreien Verkehr reicht ein Antriebswechsel auf E-Mobilität nicht aus – so wichtig der auch in Lemgo ist, und so sehr wir uns auf die öffentlichen Schnellladesäulen freuen. Mehr Sicherheit und Ruhe gibt es mit Tempo 30. Aber auch das reicht noch nicht zur Mobilitätswende.

Lemgo muss den Umstieg auf Rad, Fuß und ÖPNV erleichtern. Hier müssen sich alle noch mehr bewegen, was eh gesund ist. Da geht es um mehr Platz für Fuß- und Radwege, um nötige und nicht mehr nötige Parkplätze in Zeiten von Homeoffice. Es geht um neue Wege in die Ortsteile, per Bus, Bahn und Rad.

Was nicht zur Verkehrswende gehört: Die immer wieder geschürten Debatten um mehr Umgehungsstraßen. Eine Straße, die 5.000 KfZzusätzlich durch Lemgo fahren lassen soll, als attraktive Autobahnumleitung; eine Straße, die empfindliche Gewässerbereiche durchziehen soll; die auf 3,5 km wieder neue Fläche versiegelt. Eine solche Umgehung von Argumenten mag dem ein oder anderen als Wahlkampfkrücke dienen, hat aber mit Verkehrswende nichts zu tun.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleg*innen,

ich komme zum Schluss.

Wir Grünen wollen nicht auf dem Highway zur Klimahölle rasen. Wir wollen für Lemgo mit Ihnen die Richtung wechseln. Wir wollen auf lokalen Wegen die Klimaneutralität ansteuern. Dafür sehen wir imHaushaltsplan wichtige Ansätze.

Deshalb stimmt die Grüne Fraktion dem Haushalt 2023 zu.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!“

Burkhard Pohl (Die Grünen)

Wolfgang Siewecke (BfL)

Haushaltsrede – Haushalt 2023

„Das Ergebnis Im Haushalt 2021 ergab ein Plus von 5,4 Mio. Euro. Die aktuelle Prognose im Haushalt 2022 lautet plus 3,5 Mio. Im Haushaltsentwurf 2023 rechnet unser Kämmerer Herr Limpke nun mit 4,5 Millionen Euro Schulden. Eigentlich sind es sogar 8,4 Mio. Diesmal glaube auch ich – zum ersten Mal – ,dass unser Haushalt 2023 nicht ausgeglichen werden kann, obwohl sich unsere Steuereinnahmen und auch die Zuwendungen nicht verschlechtert haben.

Es gibt einfach immer mehr Krisen und Veränderungen, die wir nicht beeinflussen können. Die Corona-Pandemie, der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, die allgemeine Preissteigerung, Lieferengpässe, die Zinswende und auch sinkende Konjunkturprognosen haben erheblichen Einfluss auf den Haushalt 2023. Hinzu kommen etwa gesunkene Schlüsselzuweisungen durch das Land und gestiegene Kosten für Kinder-betreuung im Kindergarten. 
Deshalb ist es und wird es immer wichtiger werden, auf der Höhe der Zeit zu sein, um die richtigen Antworten und Maßnahmen zu haben. Wegen des zu erwartenden Haushaltsloches haben wir aktuell die Grund- und Gewerbesteuer nicht erhöht, wie z.B. der Rat im Kalletal. Nur steht zu befürchten, dass auch wir an dieser Stellschraube über kurz oder lang ebenfalls drehen müssen.

Aus NKF-CIG wurde jetzt NKF-CUIG, das NKF-Covid-19-Ukraine-Isolierungsgesetz. Dieses vom Land NRW eingeführte Verfahren sieht vor, die pandemiebedingten Kosten bis 2023 zu isolieren und so nicht haushalts-wirksam zu machen. Gleiches gilt jetzt für die aus dem Ukraine-Krieg resultierenden Schäden in 2023 bis 2026 Diese isolierten Beträge sollen ab 2026 abgeschrieben werden und dann den städtischen Haushalt ab 2026 linear über 50 Jahre belasten. Eine Verschiebung in die Zukunft, zu Lasten der kommenden Generation. Hoffen wir, dass wir uns das Alternativmodell – die Ausbuchung des CUIG-Schadens über die Ausgleichsrücklage abzuwickeln – werden leisten können. Lassen Sie uns trotz allem optimistisch nach vorne schauen.

Wenn wir unsere Stadt gemeinsam mit den Menschen durch diese stürmischen Zeiten navigieren und auf einem nachhaltigen Kurs halten wollen muss oberste Priorität dabei sein, Ökologie, Ökonomie und den sozialen Zusammenhalt nicht gegeneinander auszuspielen, sondern vielmehr alle drei Bereiche im Gleichgewicht zu halten.

Ich persönlich – ich wiederhole ich persönlich – finde, das tun wir bei unserer Politischen Arbeit im Rat oder in den Ausschüssen. Trotz der vorherigen Reden bleibe ich bei meiner Meinung! Neben dem BfL- Antrag  „Anhebung der OGS-Plätze auf 650 und schrittweise Anpassung der OGS-Plätze bis 2026“ oder dem Gemeinsamen Antrag von SPD, den Grünen und der BfL „Probeweise Einführung des Westfalen-Schülertickets in Lemgo“, denen zugestimmt wurde,  gab es auch Beschlüsse, die fraktionsübergreifend erarbeitet wurden, mit wichtigen Entscheidungen für unsere Stadt.
Der Rat der Alten Hansestadt Lemgo – bis auf die FDP und die AFD – stimmtedem Klimaschutzkonzept Lemgo zu. Für uns als BfL war dabei die gemeinsame Entwicklung dieses Konzeptes mit konkreten Zielen und Maßnahmen-vorschlägen wichtig. 
Der Rat der Alten Hansestadt Lemgo – bis auf die FDP und die AFD – stimmteauch den „Strategischen Stadtzielen 2030“ zu. Für uns als BfL war dabei die Aufnahme des neuen Stadtziels „Lebendige Ortsteile“ von besonderer Bedeutung.

Für mich sind dies Beispiele dafür, dass der Rat der Stadt Lemgo lebt, auch unterschiedliche Sichtweisen hat, aber letztendlich das Wohl der Stadt und ihrer Bürgerinnen und Bürgern immer im Auge behält.
In diesem Sinne: lassen Sie uns gemeinsam anpacken, es ist genug Arbeit für uns Alle da.

Ein Beispiel für einen fraktionsübergreifenden Beschluss habe ich noch:
Der Rat der Alten Hansestadt Lemgo stimmte der Resolution zum Erhalt des „Klinikum-Lippe, Standort Lemgo“ zu. Hier fehlt mir allerdings der Glaube, 
dass man uns folgen wird, wenn ich höre:

1. Seit dem 01.10.2022 fehlt am Standort Lemgo die BG Zulassung. 
   Unfälle, die in den Zuständigkeitsbereich der Berufsgenossenschaft fallen,
   dürfen in Lemgo nicht mehr behandelt werden. Die Betroffenen müssen 
    mit dem Krankenwagen oder privat nach Detmold fahren.
2. Eine unfallchirurgische Notfallversorgung gibt es nachts in Lemgo nicht
    mehr.
3. Die unfallchirurgische Notaufnahme in Detmold ist mehr als ausgelastet.
   Nur 3 Beispiele von vielen, die belegen, dass hier am Klinikum Lippe/Lemgo
   ganze Strukturen wegbrechen. Das sollte uns zu denken geben

Unser Beigeordneter Herr Limpke hat auf unserer Klausurtagung seine Präsentation beendet mit dem Appell, in diesen schwierigen Zeiten genau zu überlegen, ob Haushaltsanträge gestellt werden sollten? Unser einziger Haushaltsantrag „Sickermulden“ hat keine großen Auswirkungen auf den Haushalt 2023 – da waren sich alle einig in den Haushaltsberatungen. Vielleicht ist es sogar nur ein „Antrag zur Haushalts-Ausführung“. Wir haben deshalb auf den Haushalt 2023 belastende Anträge verzichtet, damit unsere städtischen finanzpolitischen Ziele nicht gefährdet werden.

Resümee:
Die Erstellung des Haushaltsentwurfes war für unseren Kämmerer Herrn Limpke und Frau Kugelmann samt Team sicherlich keine einfache Aufgabe. 
Unseren Dank hierfür haben wir bereits auf unserer Klausurtagung am 12. November ausgesprochen. Dort kam unsere Fraktion jedenfalls zu dem Ergebnis: Der vorliegende Haushaltsentwurf 2023 ist kein – „Augen zu, denKopf in den Sand stecken, die Probleme lösen sich von alleine“ – Haushalt. 
Deshalb ergibt sich für uns logischerweise die Schlussfolgerung:

Die BfL wird dem „Haushaltsplan 2023“ zustimmen.“

Wolfgang Siewecke (BfL)k

Barbara Schiek-Hübenthal (FDP)

gilt das gesprochene Wort!
Haushalt 2023 – Rede der FDP-Fraktion

„Sehr geehrter Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren,

die Haushaltslage hat sich seit dem letzten Jahr nicht nur nicht verbessert, nein, sie hat sich dramatisch verschlechtert: Hatte der Kämmerer im letzten Jahr noch einen Verlust von 2,8 Mio € geplant, so ist es in diesem Jahr schon ein Minus von ca. 9,2 Mio €. Also mehr als das Dreifache! Ich nenne hier die tatsächlichen Verluste, d.h. vor dem Ausgleich nach NKF-CUIG, denn dies sind ja, wie wir alle wissen, eh nur Luftbuchungen – fiktive Erträge, damit die Haushaltsverluste nicht ausufern und die Kommunen nicht so schnell in die HH- Sicherung geraten. Das hat nichts mit Realität zu tun, es ist nur virtuell, nur „politisch“.

Im letzten Jahr betrugen die außerordentlichen Erträge nach NKF-CUIG ca. 1,5 Mio. €, dieses Jahr sind es schon ca. 4 Mio. €. Diese fiktiven Erträge isolierten im letzten Jahr die corona-bedingten Verluste, in diesem Jahr die dem Corana-und-Ukraine-Krieg geschulde- ten Verluste. Das ist wohl anscheinend mit entsprechender Gesetzgebung die neue Marsch- richtung in Düsseldorf, dass es jedes Jahr einen neuen Krisengrund dafür gibt, Verluste zu isolieren und mit nur fiktiven Erträgen auszugleichen. Das täuscht aber über die tatsächli- chen realen Verluste hinweg, und so sind es für 2023 nicht nur 5,3 Mio. sondern reale 9,2 Mio. Verlust.

Dazu muss man sehen, dass der Verlust nochmal um 2,6 Mio. € höher, also bei 12 Mio. wäre, wenn wir die Abwassersatzung eben nicht so beschlossen hätte, denn dann würde noch eine Gewinnausschüttung von 2,6 Mio. € fehlen! Der Gebührenzahler subventioniert hier also den Haushalt! Ordnungspolitisch ist das – höflich ausgedrückt – mehr als bedenk- lich, um die Weihnachtsstimmung mal nicht zu stören!

Das alles muss man wissen, denn daran sollte Politik auch ihre Ausgabenwünsche orientie- ren, wenn die Schulden nicht in schwindelerregende Höhen steigen sollten.
Im Kernhaushalt sollen 10 Mio. neue Schulden aufgenommen werden, die Schulden steigen hier dann auf ca. 53 Mio. Nimmt man die Schulden der eigenbetriebsähnlichen Einrichtun- gen wie GWL iHv 26 Mio, der SEL von 60 Mio. und den städtischen Betrieben von ca. 8,5 Mio. € dazu, dann sind wir bei Schulden beim Konzern Stadt von fast 150 Mio. €, ausgehend von 117 Mio. € lt. HH-Plan 2021.

Ich plädiere auch sehr dafür, die Schulden des Konzerns Stadt wieder bei Einbringung des HH insgesamt darzustellen, wie zuletzt beim Doppel-HH 2020/2021. Das ist sozusagen schon unser 1. Haushaltsantrag für den HH 2024!

Denn mir scheint: hier verliert so mancher nicht nur den Überblick über die Schulden, sondern über die gesamten städtischen Finanzen.

Die Schulden-Steigerung in nur 2 Jahren beträgt fast 30 %. Und schon jetzt sind für 2024 sind weitere Kreditaufnahmen von 20 Mio. € geplant! Wie soll das weitergehen? Wer soll das zurückbezahlen? Bei nun wieder deutlich steigenden Zinsen?

Ein Teil der Schulden resultiert übrigens auch aus dem Neubau des Bauhofes, daher noch einmal ein kurzer Rückblick:
Damals wurde uns der Neubau iHv von “nur“ 8 Mio. € als wirtschaftlich und alternativlos im Vergleich zur Sanierung vorgestellt. Trotz der höheren Baukosten lt. vorliegender Ange- bote deckelte die Verwaltung die Kosten als „auskömmlich“ auf 8 Mio. €. Das war jedoch nur ein Teil der Wahrheit – die Nachbesserungen und doch höheren Kosten des Neubaus sehen wir im Wirtschaftsplan, allein für 2023 insgesamt 550.000 €. Die feh- lende Abdeckung der Schüttgüter z.B. hatte uns auch von Anfang an erstaunt. Nun wird sie für 250.000 € nachgerüstet. Wir freuen uns auf den Tag, wenn der Bauhof dann endlich fertig ist.

Natürlich hatten wir in den letzten 2 Jahren auch schwierige Rahmenbedingungen wie Corona und jetzt zusätzlich auch alle Auswirkungen des Ukraine-Konflikts.

Aber wir hatten trotzdem bis zuletzt sprudelnde Steuereinnahmen und auch finanzielle Aus- gleichszahlungen von Bund und Land, etwa den Gewerbesteuerausgleich, die dazu führten, dass wir in 2021 ein positives Ergebnis von 4,1 Mio. € hatten und auch in 2022 ein besseres Ergebnis als geplant.

Und natürlich stehen den Schulden oft auch wichtige Investitionen gegenüber.
Das Geld ist bei den Investitionskrediten in Schulen, Kitas, Feuerwehr und Umweltschutz und vielem mehr gut investiertes Geld.
Problematisch wird es bei kreditfinanzierten konsumtiven Schulden.
Es geht um all die Anträge und Wünsche der Mehrheitsfraktionen SPD, Grünen & BfL, die im Laufe des Jahres, aber auch bei den HH-Anträgen in den HH eingeflossen sind.

Es sind allesamt Anträge ohne Gegenfinanzierungsvorschlag. Waren es im letzten Jahr vor allem zusätzliche Ausgaben für Elternbeiträge, Schulsozialarbeiter, Klimamanager und Luftfilter in ohnehin gut gelüfteten Schulräumen, möchte ich in diesem Jahr besonders den Antrag zum sog. kostenlosen Schülerticket und den Antrag zur erneuten Erhöhung des Freibetrages bei den Kita-Beiträgen hervorheben.

Nach der aktuellen Veränderungsliste zum HH schlagen allein die Kosten für die sog. kos- tenlosen Schülertickets in 2023 mit Minus 85.000 € zu Buche und das dann weiter jedes Jahr. Der erhöhte Freibetrag bei den Kita-Elternbeiträgen kostet uns Jahr für Jahr 70.000.
Bei den Schülertickets hat man nicht auf eine kreisweite Lösung gewartet und den Frei- betrag für Elternbeiträge hatten wir zuletzt erst in 2019 und 2021 angepasst!
Mehr Beitragsgerechtigkeit erreichen wir damit nicht, denn nur 27 % der Beitragspflichtigen zahlen die Beiträge, über 70 % zahlen nichts. Der neue Freibetrag in 2023 entlastet zu- sätzlich aufgrund der Berechnungssystematik auch mittlere Einkommen weniger. Doch wie viele Facharbeiterfamilien haben schon ein mittleres Einkommen?

Dabei sind sie die Mitte der Gesellschaft, die jeden Morgen aufsteht, sich um Job und Familie kümmert und den wesentlichen Teil der finanziellen Lasten der Gesellschaft er- bringt.

Herr Baer hat die höheren Freibeträge als soziale Wohltat gepriesen – aber was ist sozial daran, wenn nicht alle gleichermaßen entlastet werden, aber vor allem, wenn letztendlich aufgrund der Schuldenberge die Kinder später die Entlastung der Eltern selbst bezahlen müssen? Im Übrigen hat hier gerade die Landesregierung von CDU und FDP viel für die Entlastung bei Kitabeiträgen getan, indem sie auch das 2. Jahr vor Schulbeginn beitragsfrei gestellt hat.

Und umsonst sind die Schülertickets übrigens auch nicht – es sind nur andere, die bezahlen!
Und bei der Zustimmung der BfL zu den Anträgen ohne Gegenfinanzierung sowie beim BfL-Antrag zu den Sickermulden entbehrt es nicht einer gewissen Komik, dass die Verwaltung die Kosten hier als erheblich beziffert und Herr Sieweke sich noch zuletzt bei der Kommunalwahl 2020 mit: „Die BfL im Allgemeinen hat sich ein bisschen zum Hüter der Finanzen erkoren“ in der Presse „Mein-Lemgo“ zitieren lässt.

Bei den Verbesserungen der Kinder-Tagespflege haben wir alle gemeinsam ein wichtiges Projekt beschlossen! Das war uns allen wichtig – kostet auch viel Geld, 120.000 Jahr! Jeder wird es von zuhause kennen – wenn man für eine Sache viel Geld ausgegeben hat, muss bei anderen Ausgaben einsparen, wie soll es sonst gehen?

Aber wenn es nicht um den eigenen Geldbeutel geht, sondern um das Geld anderer, scheint das alles nicht mehr zu gelten.
In diesem Sinne hat der Haushalt durch die Anträge der Mehrheitsfraktionen eine Schieflage bekommen, der wir nicht zustimmen können.

Der Verwaltung danken wir für die geleistete Arbeit und zumindest das Augenmaß, in dieser für so viele finanziell schwierigen Situation keine Steuererhöhung vorzuschlagen!“

Für die FDP-Fraktion
Barbara Schiek-Hübenthal (Fraktionsvorsitzende)

Udo Gollabeck (eSL)


„Rede zum Haushalt der Alten Hansestadt Lemgo 2023

Anrede

Die Stadt Lemgo und ihre hier versammelten Verantwortlichen sind von (mindestens) vier Ebenen umgeben, – die eines gemeinsam haben, nämlich, dass sie viel von uns verlangen, aber andererseits uns wenig geben.
Ich meine nicht etwa unsere Bürger/innen, Kaufleute oder Handwerker/innen!
Ich meine den Bund, unser Land NRW, den Kreis Lippe und im Gefolge den Landesverband.
Zugegeben, – auch diese 4 Organe kämpfen mit ihren Finanzen: Kosten der Covid-Pandemie, der Energie-Krise, der Folgen des Ukraine Krieges und diverser sozialer Bedürfnisse!
Aber alle belasten uns regelmäßig mit neuen Gesetzen, mit Verordnungen, mit Satzungen, mindestens mit Forderungen und Wünschen.
Wir müssen a. unsere ureigensten Anliegen plus b. die o. g. Zusatzaufgaben umsetzen! Überwiegend auf unsere Kosten, d. h. mit unseren jährlichen Haushaltsmitteln. Das ist die Situation!

  • Die „Separierung“ unserer lokalen Covid-Kosten ist solch eine Verordnung der Landesregierung, allerdings eben keine Hilfe! Diese Schulden bleiben uns und werden nur vertagt.
  • Der „Energiedeckel“ des Bundes ist uns auch keine echte Hilfe: Schulgebäude, Sporthallen und Verwaltungsgebäude beheizen wir weiter und Strom bzw. Licht wird für die Stadt auch gebraucht. Alles ohne Streichung einer Monatsrate oder 300 € Zuschuss wie bei den Privathaushalten.
  • Auf den exorbitant deutlichen Anstieg der Kreisumlage haben wir keinen Einfluss – die Satzung verpflichtet uns einfach zu zahlen.
    Und damit sind wir beim Haushalt der Alten Hansestadt 2023.
    Heute sind die Haushaltsreden und danach die Abstimmung aufgerufen. Mein Problem ist die Verschuldung. Nicht nur aktuell, – sondern insbesondere in 2023 und
    in allen Folgejahren! Das geht bis über die Legislaturperiode hinweg.
    Wir verbrauchen Ressourcen in großen Maßen auf Kosten unserer Kinder – und das finde ich nicht in Ordnung. Das kritisiere ich auch in Kenntnis steigender Zinsen, deren Auswirkung auf unsere Verschuldung offenbar zu wenig ernst genommen werden
    Dabei hat der Rat in diversen Sitzungen und Klausuren, gerade erst neue Stadtziele gemeinsam mit der Verwaltung erarbeitet.
    Ich frage bewußt kritisch: Interpretieren wir sie auch richtig?
    Ein Beispiel dazu: Abgebaut und im Keller verschwinden zahlreiche Belüfter aus den Klassenzimmern unserer Schulen, die entgegen dem ausdrücklichen Votum der Fachämter und Verwaltungsspitze angeschafft wurden. Die Verwaltung behält Recht – außer Spesen nichts gewesen!
    Etliche Haushaltanträge wurden in den letzten Wochen beraten und noch mehr im Laufe des Jahres – trotz gegenteiliger Bitte des Kämmerers an die Fraktionen, keine weitere Ausgaben einzufordern.

Und dennoch hat die Verwaltung letztlich die zusätzlich anfallenden Kosten abgenickt! –
An erster Stelle braucht sie eine Mehrheit, eine Zustimmung zum Haushalt – und die wird sie wohl auch bekommen.
Ich rate dringend (nach Erfahrungen mit mühseligen Einsparbeschlüssen zurückliegender Legislaturperioden), ich rate dringend mehr Augenmerk auf unsere Stadtziele und auf unsere aktuelle Verschuldung zur richten. Die städtische Verschuldung lag bisher bei 118 Millionen € und wird nun geplant kräftig weiter wachsen. Nächstes Jahr auf 142 Mio. € und über 180 Mio € in 2024 zum Ende der Legislaturperiode 2025 auf 200 Mio €.
Nahezu eine Verdoppelung innerhalb von 4 Jahren. Und das alles im Angesicht steigender Schuldzinsen!!
Von den zuerst genannten Ebenen wie Bund, Land u.a. können wir nichts erwarten. Die haben nichts mehr zu vergeben.
Hier 100 Milliarden, da 200 Milliarden – alle schon verplant… Die Finanzminister in Berlin und Düsseldorf haben schon öffentlich drastische Einschränkungen ab 2024 angekündigt!
Unsere Fraktion hatte der Bitte des Kämmerers entsprochen und auf kostenträchtige Anträge verzichtet, andere nicht.

Konsequent lehnen wir den Haushalt 2023 ab.“

Udo Golabeck (eSL-Fraktion)

Markus Baier, Bürgermeister der Alten Hansestadt Lemgo

„Der Haushaltsplan für 2023 ist gestern vom Rat mit einer breiten Mehrheit beschlossen worden. Die Arbeit des Stadtkämmerers mit der Verwaltung, auch in schwierigen finanziellen Zeiten mit sehr unsicheren Ausgangsbedingungen ein Planwerk für unsere Stadt aufzustellen, welches wichtige und große Investitionen für die Zukunft Lemgos ermöglicht, wurde belohnt.
Auch die beschlossenen Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe spielen hier eine große Rolle, denn dort werden die meisten Investitionen abgebildet. Damit können im nächsten Jahr die Arbeiten für den Realschulneubau bei der Gebäudewirtschaft, für die Umgestaltung der Schuh- und Stiftstraße oder dem letzten Abschnitt Hochwasserschutz an der Bega bei Straßen- und Entwässerung Lemgo oder auch im städtischen Haushalt die Erneuerung des Sportplatzes Kirchheide und ein Rüstwagen für die Freiwillige Feuerwehr realisiert werden.

Dabei sollen die Bürgerinnen und Bürger im nächsten Jahr nicht mit höheren Steuern und Abgaben belastet werden, da die Zeiten für Wirtschaft und Privathaushalte bei hoher Inflation und drohender wirtschaftlicher Abkühlung ebenfalls nicht einfach sind.

Die Fraktionen im Rat konnten dem Haushaltsplan mit ihren gezielten Anträgen ihren Stempel aufdrücken. So gibt es dadurch günstigere Kindergartenbeiträge (hier wurde dem sozial zielgerichteteren Verwaltungsvorschlag zugestimmt), höhere Erstattungen für professionelle Tagesmütter und –väter, die Erneuerung der Flutlichtanlagen an den Kunstrasenplätzen mit klimaschonender LED-Technik und weitere beschlossene Ideen, zum Beispiel zur Versickerung von Regenwasser, die keine direkten Auswirkungen auf den Haushalt haben. Auch sehr wichtig: Für unsere 100%ige Tochter Stadtwerke Lemgo GmbH wird mit dem Haushaltsplan auch eine Kreditaufnahme in Höhe von 20 Millionen Euro ermöglicht, welche für die Klimaschutzmaßnahmen aus unserem ambitionierten Klimaschutzkonzept notwendig sind. Der Fernwärmeausbau und Projekte für neue, alternative Wärmeerzeugung und –speicherung sind Investitionen für eine krisensichere Energieversorgung und auch für unsere Kinder und Enkel.

Vielen Dank allen Mitwirkenden, dafür dass wir allen Herausforderungen zu Trotz unsere schöne Alte Hansestadt Lemgo in einem guten Fahrwasser halten können!“

Markus Baier (Bürgermeister)
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