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Vielfalt (er)leben: Recht, Glaube, Queer – Unsere Stimme zählt!

Die Veranstaltungsreihe „Vielfalt (er)leben – Queere Themen im Dialog“ widmete sich diesmal dem neuen Selbstbestimmungsgesetz. Rechtsanwältin Juli Heinicke aus Berlin erklärte die wichtigsten Änderungen und wies auf offene Fragen hin.

Neue Runde der Dialogreihe
Die Veranstaltungsreihe „Vielfalt (er)leben – Queere Themen im Dialog“ ging am 26. August 2025 in die nächste Runde. Nachdem im Juli bereits ein Vortrag zur Geschichte der LGBTQIA+-Bewegung auf dem Programm stand, sprach diesmal die Berliner Rechtsanwältin Juli Heinicke über das neue Selbstbestimmungsgesetz (SBGG), das seit dem 1. November 2024 gilt.

Wer ist Juli Heinicke?
Heinicke ist Fachanwältin mit Schwerpunkt Verwaltungs-, Sozial- und Familienrecht. Nach Studium an der Humboldt-Universität zu Berlin und Referendariat am Kammergericht war sie zwei Jahre angestellte Juristin, bevor sie ihre eigene Kanzlei gründete – mit Beratung und Vertretung queerer Menschen und Frauen, auch in Widerspruchsverfahren und vor Verwaltungsgerichten.

Vom TSG zum SBGG
Ihr Vortrag erläuterte die Kernpunkte des SBGG sowie bestehende Herausforderungen. Das neue Gesetz ersetzt das frühere Transsexuellengesetz (TSG), das vom Bundesverfassungsgericht teilweise für verfassungswidrig erklärt wurde. Betroffene mussten bislang ein teures Gerichtsverfahren mit zwei psychologischen Gutachten durchlaufen. Mit dem SBGG kann die Änderung direkt beim Standesamt beantragt werden – der Antrag wird nach drei Monaten bestätigt, sofern Geschlechtseintrag und Vorname dem individuellen Empfinden entsprechen. Jugendliche unter 14 Jahren brauchen für die Beantragung das Einverständnis der gesetzlichen Vertreter, über 14 Jahre, kann die Erklärung selbstständig abgegeben werden.

Durch eine Sperrfrist wird sichergestellt, dass dieses Verfahren nur einmal im Jahr genutzt werden kann.

Offene Fragen bei Namen
Problematisch bleibt, dass es keine gesetzliche Basis gibt, welche Namen als „männlich“, „weiblich“ oder „geschlechtsneutral“ gelten. Das führt offenbar zu unbegründeten Ablehnungen durch Standesämter.

Zuständigkeiten und Registereinträge

Gestellt werden, kann der Antrag in jedem Standesamt innerhalb Deutschlands. Für die Eintragung in das wichtige Personenstandsregister ist am Ende jedoch das Standesamt zuständig, in dem die Geburt registriert wurde. Wird der Antrag in einem anderen Standesamt gestellt, so muss dieses mit dem Standesamt der Geburt kommunizieren. Das kann einige Zeit in Anspruch nehmen.

Eigentümerrechte bleiben bestehen
Auch das neue Gesetz schützt Eigentümerrechte: Menschen können weiterhin aus privaten Räumen ausgeschlossen werden – unabhängig vom Geschlechtseintrag.

Austausch mit der Kirche
Anschließend gab es eine Diskussionsrunde mit einer Kirchenvertreterin, in der die Lebenssituation von LGBTQIA+-Jugendlichen thematisiert wurde. Viele Jugendliche wünschen sich Akzeptanz und Räume, in denen Glaube und Identität vereinen können.

Ein besonders positives Beispiel kam aus Dörentrup: Seit März 2022 gibt es dort einen Queer-Treff in der Kirchengemeinde – ohne Widerstand und mit voller Unterstützung des Kirchenvorstands. Heute ist dieser Treff ein geschätzter Ort der Begegnung für junge Menschen.

Die Runde machte klar: Sichtbarkeit und konkrete Angebote sind entscheidend, damit sich queere Jugendliche in Kirche und Gemeinde willkommen fühlen.

Nächste Veranstaltung
Ein weiterer Abend der Reihe findet am Dienstag, 9. September 2025 von 19 bis 21 Uhr statt. Dann liest die Hamburger Journalistin und Autorin Verena Carl aus ihrem Buch „Queere Kinder – Eine Orientierungshilfe für Familien von LGBTQIA+-Kindern und Jugendlichen“ und tritt in den Austausch mit dem Publikum. Der Abend steht unter dem Titel „Queere Lebenswelten: Stadt, Land, Zusammenhalt“ und findet erneut in Dörentrup-Spork, Mittelstraße 42, statt.

Dieser Text wurde als Gastbeitrag von unserem Leser Alex verfasst

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Michael Pitt

Michael Pitt betreibt das Portal Mein-Lemgo im dritten Jahr. Er ist in Lemgo geboren und wohnt direkt am Marktplatz.
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