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Stadt und TH OWL erinnern an Karl Möllinger

Der Gründer der Baugewerkschule wäre am 14. April 200 Jahre alt geworden

Höxter. Die Stadt Höxter und die Technische Hochschule Ostwestfalen-Lippe haben am Donnerstag, 14. April, gemeinsam an den 200. Geburtstag Karl Möllingers erinnert. Der am 14. April 1822 in Grünstadt/Pfalz geborene Architekt war 1864 Gründer der ersten preußischen Baugewerkschule in Höxter und blieb bis zum 1. April 1888 deren Direktor. An der Feierstunde vor der Büste Möllingers am VHS-Gebäude, der ehemaligen Bauschule, nahmen unter anderem Bürgermeister Daniel Hartmann, Professor Dr. Stefan Wolf als Standortsprecher der TH OWL sowie Franz-Josef Kaub, stellvertretender Vorsitzender der Absolventen- und Förderervereinigung AFV Höxter e. V., sowie der Leiter der VHS Rainer Schwiete teil.

Bürgermeister Daniel Hartmann wies dabei auf die Bedeutung Möllingers für die Stadt Höxter hin. Seiner Hartnäckigkeit habe es die Stadt zu verdanken, dass die schon lange vorher in der Stadt bestehende Gründungsidee einer Baugewerkschule umgesetzt werden konnte. „Und so hatte die Schule auch einen wichtigen Anteil an der weiteren positiven Entwicklung der Stadt“, sagte Hartmann weiter.

Ähnlich argumentierte auch Franz-Josef Kaub, der in seiner Rede den Werdegang Möllingers nachzeichnete. „Ohne Karl Möllingers Mut und Beharrlichkeit hätte es keine Baugewerkschule in Höxter gegeben“, ist sich der stellvertretende Vorsitzende der Absolventen- und Förderervereinigung AFV Höxter e. V. sicher. „Die Stadt scheute damals das finanzielle Risiko, schließlich gab es ja in Holzminden eine Baugewerkschule mit sehr gutem Ruf.“

Von der kam damals auch Karl Möllinger, als er 1863 bei der Stadtverwaltung Höxter mit der Gründungsidee einer Baugewerkschule vorstellig wurde. Und er hatte ein gutes Argument. Die renommierte Holzmindener Baugewerkschule platzte aus allen Nähten, 300 Schüler konnten nicht aufgenommen werden. Allerdings blieben die Höxteraner Stadtväter skeptisch, obwohl Möllingers Berechnungen lediglich ein geringes Defizit aufwiesen. Am Ende lehnten sie die Errichtung einer Schule auf städtische Kosten ab, beschlossen aber eine Förderung der Mietkosten durch die Stadt. Dennoch gelang es Möllinger in der Folge, 94 Höxteraner als Bürgen für sein Vorhaben im Sinne eines frühen Private-Partnerships zu gewinnen und so die Schule zu gründen.

Professor Dr. Stefan Wolf, Sprecher des Hochschulstandortes Höxter, zog eine Parallele zur aktuellen Situation an der Technischen Hochschule: „Möllinger kam als Lehrer und Direktor von außerhalb an die Schule. Das ist heute noch genauso.“ Allerdings wurde Wolf nachdenklich, als er den privaten Gründungsmut Möllingers bewertete. „Ich habe meine Zweifel, dass so eine private Gründung mit heute noch erfolgreich wäre“, so der Standortsprecher, der auch einen Bogen zur Zukunft schlug. „Bei uns hängt ein Bild von Möllinger. Da sitzt er am Fenster und schaut nach draußen auf ein riesiges Gewerbegebiet mit rauchenden Schloten. So haben sich die Leute damals die rosige Zukunft vorgestellt“, sagte Wolf. Heute sei es um den Campus Höxter grün, und es sei auch die Zukunftsvorstellung der Wissenschaftler hier, dass das so bleibe.

Möllinger selbst hatte damals andere Sorgen. Er musste ständig um den Erhalt „seines“ Institutes kämpfen, denn die Schülerzahlen blieben unter den Erwartungen. Als er schließlich nach 24 Jahren Schulleitung geht, hat er auch einen längeren Kampf um seine Position hinter sich, denn während einer Überprüfung der Einrichtung durch das Ministerium wird Möllinger für den verwahrlosten Zustand der Baugewerkschule verantwortlich gemacht und anschließend seine Abberufung vorangetrieben. Kurz vor seinem 66. Geburtstag räumt er nach 24 Jahren als Leiter und Lehrer des Institutes selbst das Feld „gegen seinen Wunsch und Willen und auf höheren Befehl“.

Für den Leiter der Volkshochschule Rainer Schwiete war Möllinger „aus heutiger Sicht sicher ein Visionär“. Er habe damals schon die Notwendigkeit von organisierter Bildung erkannt sowie die Relevanz von strukturierten und zielorientierten Bildungsgängen wie hier im Baubereich. Auch die Landesgrenze habe für ihn seinerzeit schon keine Rolle mehr gespielt, als er von Holzminden nach Höxter wechselte, um hier die Baugewerkeschule aufzubauen. „Es ist schön, dass sein Vermächtnis noch heute Früchte trägt, sowohl mit der TH OWL als fortentwickelte Nachfolgeorganisation aber auch mit dem heutigen Haus der Volkshochschule, das aus der „alten Bauschule“ am Möllinger Platz entstand und ein Zentrum für Bildung und Kultur im Herzen Höxters darstellt“, so Schwiete weiter.

Die Gründungsphase der Baugewerkschule und die weitere Entwicklung bin hin zum Standort der TH OWL sind 2014 vor allem vom Autorenteam um Professor Dr. Ing. Hendrik Laue in der Festschrift zu 150-jährigen Bestehen des Hochschul-Standortes Höxter herausgearbeitet wurden.  

Zu denjenigen, die sich intensiv mit dem Leben und Wirken Karl Möllingers beschäftigt haben, gehört auch Dipl. Ing. Christoph Althaus, emeritierter Professor des Fachbereiches Landschaftsarchitektur und Umweltplanung am Standort Höxter. Sein Fazit: „Möllinger muss ein großes Kommunikations- und Organisationstalent mit ausgeprägter Geradlinigkeit gewesen sein. Sonst wäre es ihm nicht gelungen 94 Höxteraner von der wirtschaftlichen Tragfähigkeit seiner Idee zu überzeugen und so deren Bürgschaft zu erlangen. In der Mitte des 19. Jahrhunderts mit Hilfe der damals verfügbaren Kommunikations- und Verkehrsmittel eine solche Neugründung zu erreichen und voranzubringen, verlangt nicht nur Verhandlungsgeschick, sondern auch viel Organisationsarbeit und Durchhaltevermögen, die Möllinger in bewundernswerter Weise bewies. Er war offenbar beseelt von der Größe seiner Idee, die ja langfristig als tragfähig und erfolgreich umsetzbar erwies.  Andere haben den Stab weitergetragen.

PM TH OWL

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