Ein MVZ allein reicht nicht. Intensive Diskussion über die Ärzteversorgung beim Grünen Podiumsgespräch

Mit dem Thema Gesundheitsversorgung haben die Lemgoer Grünen einen Nerv getroffen. Trotz der großen Hitze konnte Bürgermeisterkandidat Dr. Burkhard Pohl im gut gefüllten Eiscafé Cortina viele Anwesende begrüßen.
Zusammen mit Pohl und Landratskandidatin Dr. Inga Loke, nahmen drei ausgewiesene Fachleute Stellung: Ansgar von der Osten (KV Westfalen-Lippe), Constanze Liebe (Ärztenetz Lippe) und Dr. Michael Dietenmaier, langjähriger Hausarzt in Lemgo und Wahlkreiskandidat in Lemgo-Nordwest.
Zu Beginn informierte Ansgar von der Osten über die Situation in Lemgo. Während die Stadt fachärztlich gut versorgt sei, bestehe mit unter 75% eine Unterversorgung mit Hausärzten, auch bei den Kinderärzten drohe ein Engpass. Der landesweit vorhandene Nachwuchs könne die Abgänge nicht ausgleichen und sei wählerisch. Daher gebe es in NRW ein Steuerungs- und Verteilungsproblem zwischen gut und deutlich unterversorgten Standorten.
Die Kassenärztliche Vereinigung helfe mit ambulanter Weiterbildung und Anreizprogrammen, um Kommunen zu unterstützen.
Constanze Liebe (Ärztenetz Lippe) informierte über die Position der organisierten Ärzteschaft. Die Weiterbildung in den Praxen und in Zusammenarbeit mit dem Klinikum Lippe seien ein wesentlicher Schlüssel, auch gebe es viele Förderprogramme. Es brauche aber attraktive Strukturen vor Ort, damit sich ein Hausarzt in einer Kommune wie Lemgo niederlasse. Unterstützung und Orientierung könnten Gesundheitslotsen bieten, nötig sei auch eine bessere Gesundheitsbildung der Bevölkerung.
Michael Dietenmaier berichtete von den Erfahrungen junger Kolleg*innen in Lippe. Viele Nachwuchskolleg*innen bevorzugten Gemeinschaftspraxen. Außerdem suchten sie gezielt nach einem lebenswerten Umfeld und guten familiären Perspektiven. Für die Suche von Personal brauche es phantasievolle Ideen.
In der lebhaften Diskussion ging es unter anderem um neue Perspektiven der Telemedizin und die überbordende Bürokratie, die den Ärzten die Zeit zur Beratung nehme. Ein Medizinisches Versorgungszentrum sei wichtig – aber kein Allheilmittel, so die Meinung der Fachleute. Man müsse auch die passenden Ärzte finden. Wesentlich sei auch, dass die Betreiberstruktur des MVZ den kommunalen Interessen diene.
Inga Loke betonte die Bedeutung der kommunalen Zusammenarbeit – zum Beispiel im Rahmen der Gesundheitskonferenz: „Mir ist die Verantwortung der Kommunen bei der Entwicklung von ambulanten Angeboten, wie Hausärzte und Kinderärzte, wichtig. Der Kreis sollte Vermittler, Moderator sein und Netzwerke öffnen. Bei der Gewinnung von Ärzten z.B mit den Touristikern zusammenarbeiten oder mit der Hochschule. Bei Raumbedarfen ggf. Aushelfen mit eigenen Beständen. Die Zukunft der Ärzteversorgung müsse man kreativ denken.“
Burkhard Pohl zog ein vorsichtig optimistisches Fazit: „Die Veranstaltung zeigt, wo der Schuh drückt. Ein MVZ, wie wir es in Lemgo mit dem DRK und zwei Nachbarstädten planen, ist ein wichtiger Schritt. Weitere Anstrengungen sind aber notwendig.
Politik und Verwaltung in Lemgo müssen sich mehr für das Thema Gesundheit interessieren. Wir brauchen eine intensivere Zusammenarbeit aller Akteure. Die vergangenen Konflikte zwischen Stadt und Kreis müssen ein Ende haben.
Auf fachlicher Ebene benötigen wir berufsübergreifende Netzwerke aller Gesundheitsberufe und die Bildung multiprofessioneller Teams. Gesundheitslots*innen können dabei eine Schlüsselfunktion einnehmen.“
Pressemitteilung Die Grünen Lemgo