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Karikaturen zur „Judensau“ – Ausstellung in St. Marien vom 29. Januar-16. April

Am Sonntag, 29.01. um 11.30 Uhr werden in der St. Marien-Kirche Lemgo  Karikaturen des Grafikers Andi Wolff zur sogenanten „Judensau“ und eine neue Inschrift vorgestellt. Die Ausstellung soll in der Passionszeit zur Besinnung und Umkehr aufrufen. Sie ist bis zum 16. April von täglich 8-16 Uhr in der Offenen Kirche zu sehen. 

Eine der von Andi Wolff erstellten Karikaturen. Copyright: Andy Wolff

Ein Arbeitskreis Antisemitismus hat den Anstoß dazu gegeben. Darin sind die Kirchengemeinde mit Pfarrer Matthias Altevogt, der Leiter der Städtischen Museen Fabian Schröder, eine der Vorsitzenden der Lippischen christlich-jüdische Gesellschaft Bettina Hanke-Postma, die Stadtführerin Liesel Kochsiek-Jakobfeuerborn und Gemeindemitglieder vertreten.

 Der Arbeitskreis hat weitere lokale Künstler, Schulklassen und Kunstkurse gebeten, sich mit der „Judensau“ künstlerisch auseinanderzusetzen. Damit die Skandal-Skulptur als Mahnmal dauerhaft zu einem menschenwürdigen Miteinander in der Stadt beiträgt, so Matthias Altenvogt im Presstext.

Bei einem Gespräch in der Kirche St. Marien wiesen alle Beteiligten darauf hin, wie wichtig es sei, historische Ereignisse im heutigen Kontext zu betrachten. Darum sei die kommentarlose Entfernung solcher – im Grund zutiefst beleidigender Symbole – nicht der richtige Weg. Die neue, neben der ‚Judensau‘ angebrachte Inschrift lautet daher:

„Diese Sandsteinskulptur aus der Bauzeit der Kirche (um 1310) ist eine sogenannte ‚Judensau‘-Darstellung. Sie zeigt einen knienden Mann, der ein Schwein oder Ferkel an sich drückt. Er ist durch den Spitzhut als Jude gekennzeichnet. Seit dem 13. Jahrhundert schrieb die Kirche jüdischen Menschen dieses stigmatisierende Kleidungsmerkmal vor.

‚Judensau‘-Darstellungen sind in Stein gemeißelter Antisemitismus. Meist werden mit Spitzhüten gekennzeichnete Juden an einer Sau saugend gezeigt. Dabei gilt das Schwein im Judentum als unrein. Die Skulptur unterstellt Jüdinnen und Juden eine Wesensähnlichkeit zum Tier. Im Kontext christlicher Kunst behauptet die Darstellung, dass Jüdinnen und Juden mit dem Teufel (Schwein=Teufel) im Bunde seien und von ihm ‚genährt‘ würden.

Die Skulptur am gegenüberliegenden Wandpfeiler stellt den thronenden Christus dar und fungiert wahrscheinlich als Gegenstück der ‚Judensau‘. Die Darstellungen richteten sich an die christliche Mehrheitsgesellschaft. Ihre Bildsprache war für das zeitgenössische, meist des Lesens nicht mächtige, Publikum verständlich.

Die Darstellungen erklären Jüdinnen und Juden zu Feinden des Christentums. Hass, Ausgrenzung und Verfolgung waren die Folge. In Deutschland mündeten sie in den Völkermord der europäischen Jüdinnen und Juden in der Zeit des Nationalsozialismus.

Noch heute sind antisemitische Anfeindungen Alltag vieler Jüdinnen und Juden in Deutschland. Die Skulptur soll alle Menschen mahnen, gegen jede Form von Propaganda, Hass, Ausgrenzung und Antisemitismus vorzugehen.“

Figur des Anstoßes. Die ‚Judensau‘

Mit den Karikaturen des Künstler Andi Wolff wolle man auf moderne und Art und Weise auf die Problematik aufmerksam machen. Grobheit und Aggressivität wolle man mit Intelligenz und angemessenem Humor begegnen. Man hoffe, die Aufmerksamkeit auch jüngerer Menschen damit zu gewinnen.

Interessierte Klassen mögen sich an Herr Altenvogt wenden, bei einem Besuch der Kirche wird er dann zusätzliche Informationen vermitteln. Zur Zeit lohnt sich ein Besuch der Kirche St. Marien doppelt: auch die Ausstellung „Drei Brüder. Der Überlebensweg der Lemgoer Gebrüder Gumpel“ ist zur Zeit – bedingt durch die Baumaßnahmen in der Kirche St. Nicolai – dort zu sehen.

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